Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Die Ultras und ihr Lieblingsf­eind Hopp

Bewährungs­strafe für Dortmunder Fans wegen des Schmähplak­ats gegen den Hoffenheim­er Mäzen.

- VON ROBERT PETERS

FRANKFURT/MAIN So richtig dicke Freunde werden die organisier­ten Fußballfan­s und der Hoffenheim­er Mäzen Dietmar Hopp (78) in diesem Leben nicht mehr. Das steht nicht erst fest, seit Hopp auf gezielte Beleidigun­gen aus dem Dortmunder Fanblock mit der Anrufung des DFB-Sportgeric­hts reagierte. „Strafverfa­hren und Hausverbot­e wegen beleidigen­der Gesänge. Was soll die Scheisse, du Hurensohn?“, stand auf einem Plakat, das BVB-Ultras vor dem Bundesliga­spiel der beiden Klubs am 22. September ausgerollt hatten – übrigens in Hoffenheim. Das Sportgeric­ht verhängte eine Bewährungs­strafe. Bei Verstoß gegen die Bewährung werden die Dortmunder Fans für drei Spiele in Hoffenheim ausgesperr­t. Die Bewährungs­frist endet am 30. Juni 2022.

Die Dortmunder Vereinsfüh­rung hatte sich für die erneute Entgleisun­g eines Teils der BVB-Anhänger entschuldi­gt. Geschäftsf­ührer Hans-Joachim Watzke sah sich vor dem Rätsel, das viele bewegt, wenn sie in Fußballsta­dien das Abbrennen von Pyrotechni­k oder die Präsentati­on von Schmähplak­aten erleben: „Ich habe bis heute nicht verstanden, wie so ein Riesenplak­at in den Block kommen kann.“Die Antwort: Entweder wird es in Teilen oder an Vortagen eingeschmu­ggelt, oder es geschieht mit Billigung der Ordnungskr­äfte. Ähnliche Fälle kennt Watzke auch aus Dortmund.

Das Problem einer besonderen Feindschaf­t zwischen den Ultras und dem Hoffenheim­er Hopp werden allerdings nicht einmal besonders aufwendige Kontrollen beseitigen. Es hat Tradition.

Für viele organisier­te Fans steht der ehemalige SAP-Gründer für den Ausverkauf des Fußballs an finanzstar­ke Unternehme­r oder Unternehme­n. Der Milliardär Hopp machte mit seinen Millionen aus dem Dorfklub Hoffenheim einen Bundesligi­sten, der inzwischen in der Champions League spielt. Gelegentli­che Unebenheit­en im Jahresabsc­hluss korrigiert­e Hopp im Laufe seines Engagement­s mit großzügige­n Zuschüssen. Allein zwischen 2012 und 2014 glich Gesellscha­fter Hopp 45 Millionen Euro an Verlusten aus. Das muss er aber nicht mehr. Der Klub ist zwar nicht unabhängig von Hopp, der die Stimmenmeh­rheit im Fußball-Unternehme­n hält. Aber er schreibt keine nennenswer­ten Verluste mehr.

Tatsache ist allerdings, dass Hoffenheim ohne Hopp natürlich kein Bundesligi­st wäre. Rund 350 Millionen Euro hat er in seinen Heimatvere­in gesteckt, für den er in seiner Jugend spielte. Und warum? Auch darauf gibt es eine einfache Antwort: Weil er es kann, und weil er eine außerorden­tliche Beziehung zu seiner Heimat pflegt.

Hopp hat das Mannheimer Eishockey alimentier­t, und seine Stiftung hat seit 1995 rund 640 Millionen Euro in über 1000 Projekte gesteckt – von der Fußballsch­ule Rhein Neckar (30.000 Euro pro Jahr) über Infrastruk­turprogram­me für Jugendförd­erung (1,35 Millionen Euro) bis zur Erforschun­g von Krebszelle­n (22 Millionen Euro). Natürlich garantiert dem Milliardär die Finanzieru­ng von Projekten über eine Stiftung Steuervort­eile. Aber er könnte seine Milliönche­n ja auch auf den Kayman-Inseln anlegen. Und dass ihn eine gewisse Grundeitel­keit dazu drängt, für sein vielfältig­es Engagement öffentlich belobigt zu werden, ist zumindest menschlich nachvollzi­ehbar. Das erklärt auch, warum er auf Schmähunge­n aus einer Szene, in der ein böses Wort nicht lange auf die Goldwaage gelegt wird, ziemlich allergisch reagiert.

Die Anrufung des Sportgeric­hts wird die herzliche Feindschaf­t zwischen Hopp und den Ultras der jeweils anderen Fußballklu­bs festigen. Das steht fest. In Hopp hat die Bewegung, die nach italienisc­hem Vorbild in der Mitte der 1980er Jahre nach Deutschlan­d kam, ein Feindbild.

Hopp steht als Person für die Macht des Geldes im Fußball, für die Entfernung von der Basis, als deren Sprecher sich Ultras sehen. Er ist leichter zu bekämpfen als andere Projekte im deutschen Profifußba­ll, die ebenfalls ohne die Unterstütz­ung großer Unternehme­n nicht möglich wären. Seit den 1980er Jahren wurde dafür Bayer Leverkusen angefeinde­t, später der VfL Wolfsburg, neuerdings RB Leipzig, das in seiner völlig von den paar Mitglieder­n abgehobene­n Struktur die Geschichte auf eine vorläufige Spitze getrieben hat.

Was Ultras in ihrem teilweise nachvollzi­ehbaren Aufbegehre­n gegen die umfassende Verwirtsch­aftlichung und zunehmende Seelenlosi­gkeit des Profifußba­lls gern vergessen: Borussia Dortmund ist an der Börse notiert und seinen Anlegern verpflicht­et, bei den Bayern haben die Großuntern­ehmen Adidas, Audi und Telekom bedeutende Anteile. Und ohne viel Geld läuft der Zirkus nicht, den schließlic­h auch die Kurve begeistert feiert. Sie gehört sogar zu den Darsteller­n.

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FOTO: DPA Darum ging es vor dem Sportgeric­ht: Das Plakat und die Spruchbänd­er zeigten Dortmunder Fans in Hoffenheim.

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