Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

„Ein Roman ist nie fertig“

Die Trägerin des Deutschen Buchpreise­s liest am Montag im Kuppelsaal der Deutschen Bank aus „Archipel“.

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Es gehört zur schönen Tradition des Deutschen Buchpreise­s, dass der Sieger beziehungs­weise die Siegerin im Kuppelsaal der Deutschen Bank liest. So auch Inger-Maria Mahlke, die für ihren Roman „Archipel“unlängst im Frankfurte­r Römer geehrt wurde und am Montag im Düsseldorf­er Kuppelsaal um 19 Uhr auftreten wird. Restkarten sind nach Voranmeldu­ng (siehe Info-Kasten) noch erhältlich.

Wie wichtig ist es für Sie, am eigenen Werk zu zweifeln? Und ist ein solches Infrage-stellen letztlich produktiv oder nur noch eine Qual?

MAHLKE Es ist sehr wichtig zu zweifeln, zu hinterfrag­en, sonst entwickelt sich weder der Text noch man selber als Autor. Die Zweifel gehören einfach dazu. Angenehm sind sie nicht immer, aber notwendig.

Sie arbeiten in Hochphasen bis zu 16 Stunden am Tag. Ist das, wenn es gut läuft, eine Art Rauschzust­and?

MAHLKE Wenn es gut läuft, ja. Aber diese 16 Stunden Schichten kennen die meisten Autoren, die geballten Text-Probleme direkt vor der Abgabe, die dann eben schnell gelöst werden müssen.

Sie erzählen in „Archipel“die unterschie­dlichen Geschichte­n dreier Familien auf Teneriffa. Das klingt erst einmal weit weg von uns … MAHLKE Was ist im 21. Jahrhunder­t noch weit weg? Innerhalb Europas? Eigentlich nichts.

Sind Familienge­schichten auch der Ursprung von Geschichte?

MAHLKE Naja, Menschen und ihre Leben sind die Geschichte, und Menschen leben nun mal in Familien.

Sie selbst sind auf Teneriffa aufgewachs­en. Ist die Insel eine Heimat und ist die Arbeit am Roman auch eine emotionale Rückkehr in die frühe Zeit Ihres Lebens gewesen?

MAHLKE Ich bin dort nicht wirklich aufgewachs­en, sondern habe viel Zeit dort verbracht. Mein Lieblingso­rt auf dieser Erde sind die drei Stufen hinab zu unserem dortigen Garten. Ich liebe die Insel, sie ist das Fitzelchen Erde, zu dem ich gehöre. Über sie zu schreiben war sehr emotional, aber keine Rückkehr in eine frühere Zeit meines Lebens.

Wann ist ein Roman denn eigentlich fertig?

MAHLKE Ein Roman ist nie fertig. Er erstarrt nur irgendwann, nämlich wenn er gedruckt wird. Und wie bei den meisten Kollegen ist das Exemplar meines Buchs, welches ich für Lesungen benutze, noch immer Streichung­en und Änderungen unterworfe­n.

Wie sind Sie mit dem Druck der oft dramatisch­en Preisverle­ihung umgegangen? Mit welchen Gefühlen setzt man sich dem aus?

MAHLKE Eigentlich mit dem Gefühl, durch die Nominierun­g schon gewonnen zu haben, einfach weil das Buch dadurch bereits eine andere Aufmerksam­keit bekommen hat. Viel zu verlieren hat man an dem Abend im Römer als Autor eigentlich nicht. Das Gefühl hatte ich auch 2015, als Frank Witzels großartige­r Roman gewann.

Hat der Deutsche Buchpreis zeitweilig Ihr Leben verändert? Wie sahen die Wochen nach der Preisverle­ihung aus?

MAHLKE Ja, hat er schon. Man ertrinkt ein wenig in Terminen, Nachrichte­n, Anfragen ... alles gleichzeit­ig glücklich machend und erschöpfen­d.

LOTHAR SCHRÖDER FÜHRTE DAS INTERVIEW.

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FOTO: DAGMAR MORATH Die Schriftste­llerin Inger-Maria Mahlke.

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