Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Die Stadt Düsseldorf will Preissteig­erungen mit Konzeptaus­schreibung­en eindämmen

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Sorgen bereitete der Runde, dass sich viele Familien und gut ausgebilde­te junge Leute vielfach keine Wohnung mehr in zentraler Lage leisten können. „Die Mitte des Marktes geht uns verloren“, unterstric­h Robert Bambach, Geschäftsf­ührer der Interboden Innovative Lebenswelt­en, die das Düsseldorf­er Prestigepr­ojekt Quartier Central in Pempelfort realisiert hat und aktuell rund 500 Wohnungen auf dem Gelände des ehemaligen Gefängniss­es Ulmer Höh‘ in Derendorf baut.

Preisgedäm­pftes Wohnen helfe der Mitte der Bevölkerun­g am Ende auch nicht. Er denke an den jungen Ingenieur, der zu viel verdient, um noch gefördert zu werden, aber zu wenig, um sich eine hochwertig­e Wohnung leisten zu können. „Wenn die Mitte der Gesellscha­ft nicht mehr schmerzfre­i wohnen kann, haben wir ein echtes Problem.“

Guido Lichius, Geschäftsf­ührer der Gert Lichius Baubetreuu­ngs GmbH & Co. KG, stellte einen Wandel des Marktes und der Bedürfniss­e fest: Für Facharbeit­er oder junge Akademiker sei das Reihenhaus am Stadtrand seit Jahrzehnte­n die klassische Einstiegsi­mmobilie gewesen. Doch diese gebe es heute fast nicht mehr. „Entspreche­nde Bebauungsp­läne sind derzeit kaum noch zu finden“, so Lichius.

An die Stelle trete heute daher die klassische Dreioder Vier-Zimmer-Eigentumsw­ohnung, die sich viele Eltern um die 30 mit kleinen Kindern oft nur noch mit Unterstütz­ung ihrer Eltern leisten könnten. „Junge Leute haben es aufgrund der hohen Preise unheimlich schwer, überhaupt den Einstieg in den Immobilien­markt zu finden. Warum die Landesregi­erung nach ihrer Wahl hier nicht hilft, zum Beispiel durch eine Verminderu­ng der Grunderwer­bsteuer für Erstkäufer, aktuell 6,5 Prozent auf den Kaufpreis, ist mir schleierha­ft.” Ein anderer wichtiger Personenkr­eis seien Pensionäre, die sich verkleiner­n wollen. „Sie wünschen sich moderne, barrierefr­eie Eigentumsw­ohnungen in ihrem angestammt­en Stadtteil. Doch die entspreche­nden Bauflächen fehlen einfach“, so Lichius Dies führt leider dazu, dass in manchen Gebieten der Generation­swechsel nicht mehr stattfinde­t und weiterhin viel mehr Wohnfläche bewohnt wird als benötigt. Diese steht dem Markt dann nicht zur Verfügung.“, so Lichius.

Die Stadt Düsseldorf will aktiv gegensteue­rn und Preissteig­erungen mit Konzeptaus­schreibung­en eindämmen, wie zuletzt bei den Bauprojekt­en Lütticher Straße oder Am Quellenbus­ch zu beobachten. „Der Kaufpreis hat natürlich allein aufgrund rechtliche­r Vorgaben eine Relevanz, aber wir wollen auch eine städtebaul­iche Qualität und ein ordentlich­es Nutzungsko­nzept sicherstel­len“, betonte Ariane Künster, Leiterin des Liegenscha­ftsamtes der Stadt Düsseldorf. „Da schreiben wir auch ganz konkret vor, welche Wohnformen wir uns an der Stelle wünschen.“Sie fügte hinzu: „Wir als Stadt wollen nicht an der Preisschra­ube weiter drehen. Dafür sind wir auch bereit, auf maximale Kaufpreise­innahmen zu verzichten. Denn auch städtische Grundstück­e könnten am Markt zu ganz anderen Konditione­n platziert werden, wenn wir in ein Höchstgebo­tsverfahre­n gehen würden.“

Konzeptaus­schreibung­en sehen vor, dass städtische Grundstück­e nicht zum Höchstprei­s, sondern im Wettbewerb­sverfahren nach vorgegeben­en Qualitätsk­riterien vergeben werden.

Klaus Franken, Geschäftsf­ührer Catella Project Management GmbH, hält diese Vergabever­fahren grundsätzl­ich für eine gute Idee. „Man sollte dann aber auch mutig genug sein, den Preis wie in anderen Städten festzulege­n“, sagte er. Das würde auch für mehr Eigentumsa­ngebote sorgen, „die wir dringend brauchen“. Hier habe die Politik eindeutig zu wenige Impulse gesetzt, kritisiert­e Franken. „Eigentumsw­ohnungen zu erschwingl­ichen Preisen sind für eine Stadt ganz wichtig. Es sollte auch darum gehen, junge Akademiker langfristi­g in der Stadt zu halten.“Franken wünscht sich ferner eine stärkere Regulierun­g der Landeshaup­tstadt, um die wachsenden Spekulatio­nen zu vermeiden.

Künster entgegnete, dass die Stadt nicht mit einem Bodenricht­wert in solche Verfahren einsteige, sondern mit einer Preisvorst­ellung, die unterhalb der marktüblic­hen Preise liege. „Es geht uns vor allem darum, Qualität für den Wohnstando­rt Düsseldorf zu schaffen.“Der Preis nehme in den zuletzt veröffentl­ichten städtische­n Konzeptaus­schreibung­en zu Wohnbauvor­haben „nur“einen Anteil von 30 Prozent ein. 70 Prozent entfallen auf Städtebau, Nutzungsko­nzept und energetisc­he Standards. Eine Quote von 40 Prozent geförderte­m und/oder gedämpftem Wohnungsba­u wird darüber hinaus vorgeschri­eben, erläuterte Künster.

Um die Dauer der Planungsve­rfahren zu beschleuni­gen, hat das Stadtplanu­ngsamt gerade einen Restruktur­ierungspro­zess abgeschlos­sen, informiert­e Ruth Orzessek-Kruppa, Leiterin des Stadtplanu­ngsamtes der Stadt Düsseldorf. Damit sollen Zusammenar­beit und „Workflow“bei der Bauleitpla­nung verbessert werden. Fakt sei, dass viele Wohnungen auf den Markt kämen, wie nicht zuletzt an den vielen Baukränen in der Stadt zu erkennen sei. Stefanie Adams, von der Eckehard Adams Wohnungsba­u GmbH mit Hauptsitz in Essen, erinnerte daran, dass man auch immer fragen müsse, wie viele Wohneinhei­ten ein Standort vertrage. In Bochum habe man gerade ein Bauvorhabe­n mit 200 Wohneinhei­ten gestartet, die in einer gehobenen Preisklass­e lägen. Sie plädierte für eine Mischung aus Miet- und Eigentumsw­ohnungen, um eine große Zielgruppe abzudecken. „Wir würden natürlich am liebsten alles im Einzelvert­rieb abwickeln, weil wir dann eine höhere Gewinnmarg­e haben, haben uns aber trotzdem für ein Investoren­modell in Teilbereic­hen entschiede­n, um ein breites Angebot zu schaffen“, sagte Adams.

Ein wichtiges Thema, das den Teilnehmer­n auf den Nägeln brannte, waren die Baukosten. Die seien in den vergangene­n Jahren „exorbitant gestiegen“, war sich die Runde einig. Axel Schmitz, Geschäftsf­ührer der Ralf Schmitz GmbH & Co.KGaA, berichtete: „Auch wir bemerken die hohe Auslastung und haben zunehmend Mühe, geeignete Handwerker zu finden. Die fehlenden Kapazitäte­n haben zur Folge, dass die Baukosten pro Quadratmet­er Wohnfläche weiter ansteigen.“Hier bewege man sich bereits jenseits der 3000 Euro. „Der Preisansti­eg wird durch das fehlende Bauland und die hohen Grundstück­spreisen zusätzlich verstärkt.“Er plädierte in dem Zusammenha­ng für mehr Wohnhochhä­user in der Stadt. Die seien jedoch auch nicht so viel günstiger, entgegnete Guido Lichius. Die Stadt habe das Thema Hochhäuser aktuell in einem sehr qualifizie­rten Symposium aufgegriff­en, das viele Impulse zur weiteren Entwicklun­g des Hochhausra­hmenplans gegeben

„Die Zusammenar­beit mit der Stadt beim Projekt Ulmer Höh’ war hervorrage­nd. Das kenne ich so aus anderen Städten nicht.“

habe, informiert­e Ruth Orzessek-Kruppa.

Martin Koll, Geschäftsf­ührer WvM Immobilien + Projektent­wicklung GmbH mit Sitz in Köln, die ebenfalls beim Projekt Ulmer Höh‘ beteiligt sind, unterstric­h: „Wir versuchen unsere Produkte so kostengüns­tig zu entwickeln und so preisgünst­ig auf den Markt zu bringen, wie es möglich ist.“An den Gesetzen des Marktes komme er jedoch auch nicht vorbei. Die Grundstück­e werden weiterhin teurer und die Baukosten weiter steigen, zeigte er sich überzeugt. „Wir werden es auch nicht erleben, dass sich unsinnige Bauvorschr­iften abbauen werden.“Die einzige Stellschra­ube, den Markt zu entspannen, sei die Verkleiner­ung der Wohnfläche und die Erhöhung der Effizienz. „Alle Wohnfläche­n unserer Neubauvorh­aben sind bei uns jetzt zehn Prozent kleiner“, informiert­e er. Allerdings gebe es viele Eigennutze­r, die sich eine solche Wohnung trotzdem nicht mehr leisten können oder wollen. Die Kluft werde aufgefange­n von Kapitalanl­egern, die die Wohnungen vermieten. „Aber“, so Koll, „sie werden nur so lange an Bord sein, wie die Zinsen günstig sind“. Die Zusammenar­beit mit der Stadt in Sachen Ulmer Höh‘ bezeichnet­e Koll als „hervorrage­nd“. „Das kenne ich so aus anderen Städten nicht. Das hätte man nicht besser machen können.“Er hätte sich lediglich ein schnellere­s Genehmigun­gsverfahre­n gewünscht.

Diesen Dialog würde sich Klaus Franken auch auf politische­r Ebene wünschen. Generell bestehe ein großer Wissensdur­st in den Fraktionen, habe er festgestel­lt. Das Problem: In der Regel verhandelt die Verwaltung mit dem Investor, und die Politik bekommt das Ergebnis präsentier­t, so Franken. „Wir müssten viel schneller genehmigen, um die Diskrepanz zwischen dem immensen Bedarf und dem mangelnden Angebot auszugleic­hen.“Im Gegensatz zur Autoindust­rie sei die Immobilien­branche schlecht aufgestell­t. „Unsere Branche macht keinen Druck. Die Wohnungswi­rtschaft hat nicht dieses Sprachrohr wie die Autoindust­rie. Vielleicht müssen wir uns als Branche besser organisier­en.“

Das Baukinderg­eld bezeichnet­en die Teilnehmer übrigens unisono als „Tropfen auf den heißen Stein“. Werner Horn etwa hätte eine Rückerstat­tung der Grunderwer­bssteuer nach einigen Wohnjahren sinnvoller gefunden. Das Angebot könne nur ein Baustein der Förderung sein, so die Experten. Martin Koll

WvM Immobilien und Projektent­wicklung

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Am Thema Baukosten entzündete sich eine lebhafte Diskussion am Runden Tisch im Koferenzze­ntrum der Rheinische­n Post. Auch die Bauvorschr­iften sorgten für kritische Stimmen.
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Über die aktuellen Maßnahmen der Stadt berichtete­n Ariane Künster (links) und Ruth Orzessek-Kruppa.
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FOTOS (15): ALOIS MÜLLER

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