Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Multitalent aus Meerbusch
Er ist in Osterath aufgewachsen und aktuell auf der Kinoleinwand zu sehen: Der Schauspieler Tilo Keiner spielt einen Offizier in Michael „Bully“Herbigs Kinofilm „Ballon“, der die Flucht einer Familie aus der DDR nach Westdeutschland im Heißluftballon erzählt.
Groß geworden ist der heute 56-Jährige auf der ‚Heide‘, dem Görgesheideweg in Osterath. „In einer Zeit, da sind wir im Winter noch vom Trecker die Straße mit 20 Schlitten rauf und runter gezogen worden“, erinnert er sich.
Heute lebt Keiner in Nürnberg und ist auf den Theaterbühnen Deutschlands zu Hause. Mehrmals im Jahr besucht er Familie und Freunde, die teilweise noch in Meerbusch leben. Die Stadt am Rhein ist für ihn nach wie vor seine Heimat. „Wenn man am Niederrhein aufgewachsen ist, bleibt man im Herzen wohl immer Niederrheiner“, sagt Keiner. „Was ich sehr vermisse, dass mir anderswo kaum jemals jemand spontan einen Witz erzählt, das passiert mir zuhause öfter.“
Im Radio als Sportjournalist zu berichten, war ursprünglich sein Traum. Es sollte jedoch anders kommen. Während des Sportstudiums in Köln lebte Keiner mit einem Theaterregisseur zusammen, der ihn mit der Bühne in Kontakt brachte. Als angehender Radioreporter wollte Keiner beim Proben seine Artikulation verbessern, ergatterte jedoch gleich die Hauptrolle bei der Gruppe „Countercheck Squarrelsome“. Das Ensemble inszenierte unter der Regie von Karin Beier, die heute das Schauspielhaus Hamburg leitet, Shakespeare-Werke in der Originalsprache. Das passte, denn Keiner ist großer Shakespeare-Fan.
Vier Jahre lang spielte der Künstler dort und zog schließlich nach London, um Schauspiel an der renommierten London „School of Music and Dramatic Art“zu studieren. „Von Osterath in so eine Metropole, das war erstmal ein Riesen-Kulturschock, aber natürlich auch eine faszinierende Zeit“, erinnert er sich. Englisch war fortan seine Bühnensprache und nachdem er einige Jahre in England auftrat, führte der Weg ihn zurück nach Deutschland.
Auf Festengagements in den Staatstheatern von Nürnberg und Trier, folgten Rollen in Theater und Film. Das Repertoire reichte von Macbeth, über Mamma Mia!, bis hin zu Dieter Wedels Film „Gier“oder der englischen Fantasy-Produktion „Wienerland“. „Ich mag den Wechsel; zwischen den Genres hin und her zu gehen. Sehr gerne spiele ich die klassischen Texte“, erzählt Keiner.
In seiner Filmkarriere bleibt besonders der Dreh von „Ein Soldat James Ryan“in Erinnerung, in der Keiner als deutscher Soldat zu sehen ist. „Da dabei zu sein, war ein Traum. Das ist 20 Jahre her und trotzdem erinnert man sich immer noch wie am ersten Tag.“, schwärmt Tilo Keiner. Am Set traf er auf die Hollywood-Schauspieler Tom Hanks und Matt Damon; mit Letzterem teilte er sich sogar einen Trailer.
Doch auch neben dem Beruf, der für ihn mehr Spaß als Arbeit bedeutet, ist Keiner vielseitig beschäftigt. „Medizin ist meine zweite Leidenschaft.“Mit der Ausbildung zum Heilpraktiker ist er seiner Passion gefolgt und hat sich ein zweites Standbein geschaffen. Außerdem ist er ausgebildeter Yoga-Lehrer, spielt Gitarre und Cello, besitzt einen Tauchschein und ist Mitglied in der britischen Fechtgesellschaft. „Ich bin kein Freund von Leerlauf und Müßiggang. Ich brauche einfach die Herausforderung“, erklärt er.
Diesen Sommer wirkte er unter anderem bei den Bad Hersfelder Festspielen in der deutschen Uraufführung von „Shakespeare in Love“mit. Auch nach über 30 Jahren im Film- und Theaterbetrieb denkt er noch nicht ans Aufhören. „Solange ich kann und die Gesundheit es zulässt, will ich auf der Bühne stehen.“