Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Online beim Arzt und dann das eRezept
Gesundheitsminister Spahn will ab 2020 das Digital-Rezept zulassen. Ärzte mahnen zu besonderer Sorgfalt.
BERLIN Den Viren digital den Kampf anzusagen, das soll spätestens im übernächsten Jahr nicht mehr nur auf Computersoftware beschränkt sein, sondern auch helfen, den menschlichen Körper von Infektionen zu befreien. „Rezepte auf Papier, das ist bald Vergangenheit“, sagte Gesundheitsminister Jens Spahn unserer Redaktion. Er will an diesem Mittwoch in einer Klausur des Bundeskabinetts seinen Plan vorstellen, wonach Ärzte künftig die Medikamente auch online verschreiben können. Spahn: „Wir werden jetzt schnell die Weichen stellen, um die Chancen der Digitalisierung endlich auch fürs Gesundheitswesen nutzen zu können.“
Das Fernbehandlungsverbot für Fälle ohne vorherigen Kontakt zwischen Arzt und Patient ist bereits gelockert worden. Kranke können den Arzt nun auch per Videosprechstunde konsultieren. Für Spahn folgt aus diesem Schritt automatisch der nächste: „Fernbehandlung ohne elektronisches Rezept macht wenig Sinn“, erklärte der CDU-Politiker. Dieses sei die Voraussetzung für den Erfolg der Telemedizin und könne Patienten helfen, schnell und sicher Arzneimittel zu bekommen. Die SPD steht hinter der Novelle und will die Regelungen so bald wie möglich im Bundestag beraten.
Nach einer gesetzlichen Anpassung will Spahn den Spitzenverbänden von Krankenkassen und Apotheken sowie den Kassenärztlichen Bundesvereinigungen eine Frist von sieben Monaten einräumen, um die entsprechenden Rahmenverträge und Verordnungen zu ändern. Gleichzeitig soll das Abgabeverbot verschreibungspflichtiger Arzneimittel durch Apotheken bei ausschließlicher Fernbehandlung aufgehoben werden. Damit könnte das eRezept 2020 an den Start gehen. Es wird aller Voraussicht nach zunächst nur für Arzneimittel gelten. Um die Regelung bei Hilfsmitteln und Betäubungsmitteln will sich der Minister später kümmern.
Bundesärztekammer-Präsident Ulrich Montgomery bejahte das Vorgehen des Ministers als „folgerichtig“, nachdem der Ärztetag bereits die berufsrechtlichen Hürden für die ausschließliche Fernbehandlung aus dem Weg geräumt habe. Montgomery erinnerte zugleich an die Sorgfaltspflicht. Ärztinnen und Ärzte müssten „in jedem Einzelfall prüfen, ob die Arzneimittelverschreibung aus der Ferne medizinisch vertretbar ist oder nicht“, sagte Montgomery unserer Redaktion.
Arne Schönbohm, der Präsident des Bundesamtes für die Sicherheit in der Informationstechnik begrüßte Spahns Vorschläge. Er bereitet ein „angemessenes IT-Sicherheitsniveau“für die Akteure im Gesundheitswesen vor. Dabei sollten auch neue Anwendungen sowie die dafür zu nutzenden Mobilgeräte einer umfassenden Risikoanalyse unterzogen und mögliche Restrisiken bei der Datensicherheit transparent gemacht werden.
Bei ihrer Digitalklausur werden die Minister weitere Projekte vorstellen. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sagte unserer Redaktion,
dass sich durch die Digitalisierung die Arbeitswelt verändern werde. Heil geht davon aus, dass bis zum Jahr 2025 insgesamt 1,6 Millionen Jobs wegfallen, gleichzeitig aber mehr als 2,3 Millionen neue Arbeitsplätze entstehen werden.
„Die Arbeit wird uns also nicht ausgehen, es wird aber andere Arbeit sein“, unterstrich Hubertus Heil. Die entscheidenden Stellschrauben seien Qualifizierung und Weiterbildung. Vom nächsten Jahr an gebe es einen Rechtsanspruch auf Weiterbildungsberatung. Zudem werde Qualifizierung für alle Beschäftigten in Unternehmen im Strukturwandel finanziell unterstützt. „Es geht darum, Arbeitslosigkeit im digitalen Wandel zu vermeiden, bevor sie entsteht“, erläuterte der SPD-Politiker. Im Kabinett werde es auch darum gehen, wie sich die Berufs- und Fachhochschulen stärker für die Weiterbildung öffnen können.