Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Testlabor Düsseldorf
Bürgerbeteiligung ist oft gut. Aber warum bloß beim Altstadtpflaster?
Der Mensch kann zum Mond fliegen. Mehr Probleme macht die Suche nach einem stabilen Altstadt-Bodenbelag. Der letzte Versuch endete traurig. Die hübschen Steine waren gemacht für zarte Menschenfüße und nicht für Lkw. Die aber sind in der Altstadt auch unterwegs – was die Planer nicht bedacht hatten.
Jetzt will die Stadt alles richtig machen. Ab dem Frühjahr werden auf der Bolkerstraße gleich sechs Beläge auf Musterflächen verlegt. Der Belag, der den Praxistest am besten übersteht und darüber hinaus gut aussieht, wird für das letzte Teilstück zwischen Bolker Stern und Heinrich-Heine-Platz ausgewählt. Es ist die erste Bürgerbeteiligung mit den Füßen.
Die Idee trägt die Handschrift von Cornelia Zuschke. Die Planungsund Verkehrsdezernentin ist Freundin von Bürgerbeteiligung – und vom Ausprobieren. Seit sie vor zwei Jahren angetreten ist, wird weniger verordnet und mehr diskutiert und getestet. Oft ist das erfrischend. Die Architektin ist zertifizierte Mediatorin, vielleicht ist sie deshalb überzeugt, dass es mehr bringt, einen Konsens anzustreben, als Dinge durchzudrücken. Vor der Neuplanung des Hauptbahnhof-Umfelds richtete sie Bürgerworkshops aus, zum „blau-grünen Ring“– einem Planungswettbewerb rund um die Kulturinstitute – gab es sogar Stadtführungen. Und zur Rheinquerung der U81, dem nächsten großen Verkehrsprojekt, verspricht Zuschke eine umfangreiche Beteiligung.
Es stellt sich allerdings so langsam die Frage, ob es auch zu viel Beteiligung geben kann. Düsseldorf entwickelt sich zum Testlabor: Die Stadtwerke bauen gerade eine Teststrecke für Straßenbeleuchtung. Bürger sollen dort verschiedene Typen von Elektro- und Gasleuchten anschauen können – obwohl sie am Ende für ihre Straße gar nicht entscheiden dürfen. Die Idee stammt noch von Zuschkes Vorgänger Stephan Keller und ist Teil des Versuchs, den Konflikt um die Gasbeleuchtung zu befrieden. Das Verkehrsamt erprobt derweil verschiedene Fahrradständer-Modelle auf Auto-Parkplätzen – ein Versuchsaufbau, der einige Autofahrer zur Weißglut treibt.
Für den Pflastertest wird sogar ein Info-Mobil aufgestellt. Dort können die Bürger nach der Begehung der Musterflächen fachsimpeln, ob das kleine Steinformat im Reihenverbund oder der gesägte Naturstein zum Zug kommen sollte. Geschlagene 370.000 Euro kostet der Test, das Geld stammt aus dem Etat für die Instandhaltung von Straßen.
Ist das nötig? Eine andere Grundidee unseres Gemeinwesens ist doch, dass die Bürger Experten bezahlen, die Fachfragen lösen. Der Speiseplan der Pinguine im Aquazoo, die Restaurierung von Gemälden im Kunstpalast oder das Buddeln von Abwasserkanälen – dazu gibt es aus gutem Grund keine Bürgerbeteiligung. Warum zum Altstadtpflaster? Es drängt sich der Verdacht auf, dass der Steine-Test nur geboren wurde, weil kein Experte die Verantwortung für einen weiteren Fehlgriff übernehmen will.
Na ja. Wenn es hilft. Dann werden wir Düsseldorfer eben Testtrampler.