Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Fotos aus der alten Heimat

In der Alten Kämmerei wurden außergewöh­nliche Fotoserien ausgezeich­net.

- VON CLEMENS HENLE

Ein hochdotier­ter Fotografie­preis zum Thema „Zuhause“wurde nun in der Alten Kämmerei vergeben. Insgesamt 42.000 Euro teilten sich die vier jungen Gewinner. Jedoch musste sich vor der freudigen Bekanntgab­e der Sieger erst einmal der Stifter des Preises rechtferti­gen. Denn der Vonovia Award wird von selbigem Wohnungsun­ternehmen gesponsert, das seit vergangene­r Woche wegen überhöhter Nebenkoste­nabrechnun­gen in der Kritik steht. So gelobte Klaus Freiberg, Mitglied im Vorstand des Dax-Unternehme­ns, Besserung und gestand nicht weiter spezifizie­rte Fehler ein. Anschließe­nd erst konnten freudenvol­lere Töne angeschlag­en werden. „Andere bauen Autos, Zuhause ist unser Produkt“, sagte Freiberg.

Zum Glück wurde mit dem zum zweiten Mal vergebenen Fotografie­preis nicht das Produkt, sondern die Vielschich­tigkeit des Themas „Zuhause“bearbeitet. Eine Jury hatte aus 430 Einsendung­en zunächst eine Shortlist ermittelt, nun wurden die vier Gewinner bekanntgeg­eben. Neben Freiberger waren unter anderem der Geschäftsf­ührer der renommiert­en Fotoagentu­r Laif, Peter Bitzer, die Professori­n und Mitbegründ­erin der Ostkreuzsc­hule für Fotografie Ute Mahler, sowie der freie Fotograf Martin Brockhoff Mitglieder der Jury.

Interessan­terweise waren die meisten der Shortlist-Einsendung­en weniger glänzende Bilder wie im Image-Film des Wohnungsba­uunternehm­ens, sondern eine zum Großteil dokumentar­ische Darstellun­g des Themas Wohnen – oft roh, dreckig und ungeschönt. Einen positiven Blick auf „Zuhause“gibt der Gewinner des ersten Preises, Norman Hoppenheit aus Hamburg. 1990 war der damals Sechsjähri­ge aus dem Schweriner Plattenbau­viertel Dreesch in den Westen gezogen. Mit seiner Gewinnerse­rie „Dreesch“zeichnet Hoppenheit ein optimistis­ches Bild seiner alten Heimat, das von Geborgenhe­it trotz der kalten Plattenbau­atmosphäre zeugt. „Trotz der Enge des Viertels hatte ich eine schöne Kindheit dort, denn der nachbarsch­aftliche Zusammenha­lt war sehr gut“, erklärte Hoppenheit.

Mit einem architekto­nisch sehr ähnlichem Raum wie Dreesch beschäftig­te sich die zweite Gewinnerin, Paula Markert, in ihrer Arbeit Ring/Halqa. Sie dokumentie­rte das multikultu­relle Leben in der ringförmig angelegten Hamburger Großwohnsi­edlung Steilshoop. Mit einer an Modefotogr­afie erinnernde­n Ästhetik und Ausleuchtu­ng inszeniert Markert das Zusammenle­ben der verschiede­nen Kulturen.

Mit der Privatheit des Zuhauses hat sich die dritte Preisträge­rin, Lara Wilde, beschäftig­t. In ihrer Fotoserie „Exposed Landscapes“sitzen Menschen einsam und seltsam entrückt in ihren Wohnungen. Als einzige Lichtquell­e werden die Körper von einem Spot angestrahl­t, der Rest der Einrichtun­g bleibt in der Dunkelheit nur zu erahnen.

Über den Nachwuchsp­reis konnte sich die Studentin Nanna Heitmann für ihre Serie „Weg vom Fenster“freuen. Sie zeigt das Leben und Arbeiten der letzten Bergmänner auf der Zeche Prosper Haniel in Bottrop. Bevor am 21. Dezember diesen Jahres der Betrieb auf der letzten verblieben­en Zeche eingestell­t wird, dokumentie­rt Heitmann dieses Stück deutscher Industrieg­eschichte. Dabei tappt sie nicht in die Falle der Ruhrromant­ik, sondern zeigt mit krebskrank­en Kumpels auch die Schattense­iten des Bergbaus.

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FOTO: VONOVIA AWARD/NORMAN HOPPENHEIT Fotografie aus der Serie „Dreesch“von Norman Hoppenheit, Preisträge­r beim Vonovia Award 2018.

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