Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Beziehung statt Leistungsdruck
Ranga Yogeshwar fordert beim Deutschen Ausbildungsleiterkongress Reformen.
(nes) Beim Deutschen Ausbildungsleiterkongress hat Wissenschaftsjournalist Ranga Yogeshwar den Eröffnungsvortrag gehalten. In „Lernen für die Zukunft – Ein Plädoyer für den radikalen Umbau der Ausbildung“fragte er sich, worum es bei einer Ausbildung überhaupt gehen sollte und wie das zu erreichen ist.
„Die Welt, in der wir leben, verändert sich. Wir fühlen uns verunsichert und wissen nicht genau, wohin es geht“, erklärte Yogeshwar. Wandel habe es schon immer gegeben und stecke in den Genen der Menschen. Jede Erfindung sei das Treiben des Fortschritts. Heute finde Wandel jedoch hauptsächlich in der Digitalisierung und technischen Entwicklung statt. Darauf müsse man reagieren. „Viele sind, was Di- gitalisierung angeht, im privaten Bereich sehr gut, beruflich sieht das oft anders aus“, so Yogeshwar. „Ein Azubi weiß in manchen Bereichen oft mehr als der Chef.“Das führe dazu, dass Grenzen zwischen Lehrenden und Lernenden verwischen.
Es sei Aufgabe der Ausbilder, das Lernen neu zu gestalten. Dazu biete das Internet große Möglichkeiten. „Global haben wir alle die gleichen Informationen, das ist eine neue Chance“, so Yogeshwar. Unis weltweit bieten über das Netz die Möglichkeit, an Vorlesungen oder Tutorials teilzunehmen. „Meine These ist, dass wir auf eine Post-Text-Gesellschaft zugehen. Junge Menschen denken immer mehr in Bildern und Tönen.“Statt Anleitungen zu lesen, schaue man lieber einen Film im Netz an.
Das elektronische Lernen habe aber nicht nur positive Seiten. Denn zugängliche Daten verraten etwas über die Lernkurve des Schülers. Und so können erhobene Daten über die Karriere entscheiden, wenn schon frühzeitig Vorhersagen getroffen werden. „Bei all den Vorzügen, die wir haben, müssen wir aufpassen, dass wir nicht in das andere Extrem rutschen, bei dem über Ausbildung per Algorithmus entschieden wird“, mahnte Yogeshwar.
Besonderen Wert legte der Journalist darauf, dass die Lernsysteme verändert werden. Die herkömmliche Ausbildung bedeute eine Menge Stress. Der Leistungsdruck steige stetig. „Lernen ist kein linearer Prozess, sondern individuell“, betonte er. Dazu gehöre auch, dass die Ausbilder eine Beziehung zu den jungen Menschen aufbauen sollten, die auch über die Ausbildung hinausgehen könne. Auch eine andere Atmosphäre könne das Lernen positiv beeinflussen. „Wer will schon in einem muffigen Raum lernen?“Erfahrungen hätten gezeigt, dass junge Leute beispielsweise in einem Café das Programmieren leichter und mit mehr Freude erlernen.