Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Dieser Beethoven ist emotional und großartig
Sol Gabetta ist der Star, das Kammerorchester Basel ein ganzes Universum – und Weihnachten auch nicht mehr fern.
So könnte man den Abend bei Heinersdorff in der Tonhalle auf den Punkt bringen. Weitere Mitwirkende: Schumann, Beethoven, ein famoses Goffriller-Cello und über allem Giovanni Antonini, dessen atemberaubendes Dirigat in diesen knapp zwei Stunden einen prallen Gabentisch voll zauberhafter Momente ausbreitet. Da nimmt es sich überaus himmlisch aus, dass die Solistin mit einem wahren Rauscheengelkleid zum Podium eilt, wie aus Goldfolie gefaltet und mit raffinierten Schlitzen da, wo sonst die Flügel ansetzen.
Sie spielt das Schumann-Konzert. Tadellos. Perfekt, kontrolliert bis zum Geht-nicht-mehr. Gestochen scharf die Springbogen-Passagen, ohne eine einzige Intonationstrübung die Doppelgriffe des zweiten Satzes, die Oktaven. Alles super. Toller Ton. Kratzerfrei. Virtuos. Gerade die warmen, überaus präsenten Bassregister des Cellos strahlen. Will man mehr? Na ja, vielleicht diesen Hauch von Emotion, der aus der Zugabe, Pablo Casals’ „Gesang der Vögel“, ein wenig kitschig schwappt. Da gibt die Cello-Gruppe aus Basel die flirrende Natur, vor der engelgleiche Töne unter die Tonhallen-Kuppel aufsteigen. Bravi aus vollbesetzten Reihen, lange Schlange am Autogrammstand.
Für große Kunst ist an diesem Abend das Kammerorchester Basel da. Schon in der Ouvertüre zu „Hermann und Dorothea“, der Schumann zu seiner Düsseldorfer Zeit ein bisschen nervig immer wieder die Marseillaise und die kriegerische kleine Trommel einschrieb, bezeugt die außergewöhnliche Vitalität des Schweizer Klangkörpers. Man musiziert historisch informiert, die Streicher mit kaum Vibrato, die Bläser auf Natur-Hörnern und -Trompeten. Aber so geschmeidig, reaktionsschnell, um den Zauber des Augenblicks bedacht, dass so etwas wie Andacht aufkommt.
Beförderer dieser Kunst ist Giovanni Antonini am Pult, der mit bloßen, schlanken Händen wunderbare Phrasen vorzeichnet und die kleinen, feinen Details wachhält, die die Musik spritzig und neu erscheinen lassen. Beethovens Erste, die mit der Tonleiter im Finale, gerät dann zu einem wahren Feuerwerk. Das klingt dann schon fast nach Silvester. Sol Gabetta am Cello wirkt wie ein Rauschgoldengel