Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Philosophisches rund um die Zukunft der Nationalstaaten
Rita Süssmuth und Werner Patzelt tauschten sich mit dem Publikum in der Bethlehemkirche aus.
Ohne einen Blick in die Vergangenheit scheint eine Diskussion zum Thema „Die Zukunft der Nationalstaaten“nicht möglich. So sieht es das Team „Philosophie Meerbusch“um Maria von Mandelsloh, Sigrid Müller-Emsters, Ralph Jörgens und José Navarro de Pablo. Sie stehen hinter einem Gedankenaustausch, der zwischen den Professoren Rita Süssmuth und Werner Patzelt vor rund 110 Interessierten in der Bethlehemkirche entschlossen und zielbewusst ausgetragen wurde.
Zum Einstieg gab es „Yesterday“, vorgetragen von Quentin Jörgens am Flügel und die Feststellung von Ralph Jörgens, dass „wir das Ergebnis einer über Jahrtausende anhaltenden Verschmelzung sind“. Im einführenden Impulsvortrag machte Politikwissenschaftler Werner Patzelt deutlich: „Nationalstaaten sind nicht überholt. Wir sollten uns auf den Gedanken einer Willensnation einlassen.“
Rita Süssmuth, mit den Themen Migration und Integration intensiv vertraute Bundestagspräsidentin a. D., meinte unter dem Beifall des Publikums: „Die Sprache der Politik ist kaum mehr zu verstehen.“
Zum Gesprächsinhalt wurde die Frage, ob ein Nationalstaat mehr als ein Sozialsystem und wie die Themen Zuwanderung, Integration und Beheimatung anzugehen sind.
Dazu Patzelt: „Wir leiden unter Arbeitskräftemangel. Wir brauchen Zuwanderung.“Gleichzeitig befürchtet er, dass die Europäische Union auseinanderfällt: „Sie ist eine der wertvollsten Errungenschaften.“
Die Beiträge aus dem Publikum befassten sich mit der Herkunft der Zuwanderer – „wir müssen hinschauen, woher sie kommen“– und um die in Deutschland gelebte Demokratie, „andere Kulturen oder andere Vorstellungen von einem Zusammenleben sind nicht automatisch schlechter.“
Diese Meinung vertreten auch Rita Süssmuth und Werner Patzelt: „Wir sind eine multikulturelle Gesellschaft. Niemand sollte seine eigene Kultur aufgeben, aber auch das eigene Miteinander nicht verlieren.“Zuhörerin Ulla Bundrock-Muhs, Geschäftsführerin der Querkopf-Akademie, begrüßte während der Pause diesen Austausch: „Die teils unterschiedlichen Ansichten sind interessant.“
Lob kam auch von Rita Süssmuth und Werner Patzelt. Ihnen gefiel das in die Veranstaltung integrierte Kunst-Experiment „Live Painting“. Künstlerin Margarete von der Decken aus Niedersachsen und der junge Künstler Saleh Ismael aus Syrien malten parallel zu der Veranstaltung gut sichtbar fürs Publikum zwei einzelne Werke und ein gemeinsames Bild: „Wir haben uns ohne Worte unterhalten. So kann Integration passieren.“
Und auch der musikalische Rahmen kam an diesem Abend gut an. Den Veranstaltern war es gelungen, die Pianistin Dongni Cui von der Robert Schumann Hochschule zu engagieren. Sie spielte unter anderem mit Werner Patzelt am Cello die Sonate III von Willem de Fesch und zum Abschluss vom Publikum begeistert aufgenommen Maurice Ravel.
„Nationalstaaten sind nicht überholt. Wir sollten uns auf den Gedanken einer Willensnation einlassen“
Werner Patzelt Politikwissenschaftler