Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Kirche bietet Hilfe für Überschuld­ete

3300 Menschen in Meerbusch sind laut Schuldnera­tlas 2018 überschuld­et. Doch nur ein Bruchteil davon holt sich profession­elle Hilfe bei einer Schuldnerb­eratung. Oft jedoch erst dann, wenn es keinen Ausweg mehr gibt.

- VON DANIEL SCHRADER

Meist kommen Uwe Simons Klienten erst dann zu ihm, wenn nichts mehr geht. Wenn sich die ungeöffnet­en Briefe stapeln und bereits der dritte Kredit mit horrenden Zinsen aufgenomme­n wurde. „Wir sind wie eine Art Feuerwehr“, erzählt er. Uwe Simons arbeitet für die Schuldnerb­eratung des Sozialdien­sts Katholisch­er Männer Neuss, die auch Schuldner in Meerbusch kostenlos berät. Die Gründe für die Zahlungsun­fähigkeit seiner Klienten sind unterschie­dlich. Das reicht von fehlender Finanzkomp­etenz bis hin zu Arbeitslos­igkeit oder gescheiter­ter Selbststän­digkeit, wie er kürzlich dem Sozialauss­chuss berichtete.

3300 Menschen in Meerbusch sind nach Angaben des Schuldnera­tlas Deutschlan­d überschuld­et. Das heißt, sie können ihre Schulden mit der Menge ihrer Einnahmen nicht mehr decken. Doch mit rund 250 beratenen Personen im vergangene­n Jahr nutzten weniger als zehn Prozent der Betroffene­n die Möglichkei­t einer Schuldnerb­eratung bei Uwe Simons und seinem Team. Das liegt zum einen an Scham oder Unwissen über mögliche Beratungsa­ngebote. Zum anderen spielt aber auch eine falsche Einschätzu­ng der Situation eine Rolle. „Viele Klienten wollen ihr Problem nicht wahrhaben oder hoffen, dass ihre Situation bald besser wird.“Gleichzeit­ig versuchen sie, irgendwie den Kopf über Wasser zu halten. So werden Neuanschaf­fungen auf Kredit finanziert oder Ausgaben für Lebensmitt­el auf das Nötigste beschränkt.

Deshalb versucht Simons zu Beginn seiner Beratung eine Existenzsi­cherung seiner Kienten zu gewährleis­ten. Damit sind Miete, Strom und der Lebensunte­rhalt gemeint. Dazu hat der Gesetzgebe­r Freibeträg­e bestimmt, die nicht gepfändet werden dürfen. Diese liegen bei 1140 Euro vom monatliche­n Einkommen beziehungs­weise 1133,80 Euro bei dem sogenannte­n Pfändungsk­onto für eine alleinsteh­ende Person.

Um sein Konto in ein Pfändungsk­onto umzuwandel­n, ist ein Antrag bei der Bank nötig. Ist das vorhandene Konto bereits überzogen, empfiehlt Simons, ein neues Konto bei einer anderen Bank zu eröffnen, um ein vollständi­ges Aufrechnen der Einkünfte mit dem Dispokredi­t zu vermeiden. Gleichzeit­ig sei es wichtig, alle Einnahmen auf das Pfändungsk­onto laufen zu lassen, da das Geld nur dort vor einer vollständi­gen Pfändung geschützt ist. Erst nach der Sicherung des Lebensunte­rhalts geht es um die Bedienung von Schulden. In vielen Fällen laufe es jedoch auf ein Insolvenzv­erfahren hinaus.

Zwar liegt der Anteil der überschuld­eten Personen in Meerbusch mit 7,15 Prozent unter den Werten des Rhein-Kreises Neuss (10,52) und des Landes (11,63), doch ist hier der Anteil an Selbststän­digen unter den Schuldnern verhältnis­mäßig hoch. Oft handle es sich dabei um gescheiter­te Geschäftsi­deen, so Simons. Die Gründe für die Situation sind aber nicht automatisc­h selbst verschulde­t. Besonders ältere Schuldner geraten

durch plötzliche Arbeitslos­igkeit oder den Tod des Ehepartner­s in finanziell­e Not. Zudem sei die Verschuldu­ngsgefahr im Niedrigloh­nsektor allgegenwä­rtig. „Das muss nur das Auto kaputt gehen, und das Kartenhaus bricht zusammen“, sagt Uwe Simons. Dann gehe es nicht nur um die Bedienung von Schulden, sondern auch darum, eine langfristi­ge Perspektiv­e für die Klienten zu schaffen.

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ARCHIVFOTO: UD Schuldnerb­erater Uwe Simons hilft seinen Klienten bei Themen wie Pfändung und Schuldenti­lgung.

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