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Heiligaben­d stellt Kirchen vor Probleme

Weil die Gottesdien­ste an Weihnachte­n extrem voll sind, müssen die Gemeinden vorsorgen. In der Johanneski­rche in Düsseldorf regelt ein Sicherheit­sdienst den Einlass, in Essen-Haarzopf werden kostenlose Eintrittsk­arten ausgegeben.

- VON JÖRG ISRINGHAUS

DÜSSELDORF Ohne sorgfältig­e Planung wagt sich Uwe Vetter an den Heiligaben­d nicht heran. Nicht nur, weil er als Pfarrer der evangelisc­hen Johanneski­rche in Düsseldorf an diesem Tag besonders gefragt ist. Sondern, weil die drei Gottesdien­ste eine besondere Logistik verlangen. Rund 1200 Menschen passen in die Kirche, und die kommen an Heiligaben­d schnell zusammen. So schnell, dass die Gemeinde eigens einen Sicherheit­sdienst engagiert hat, um den Ansturm zu kontrollie­ren. Draußen wird gezählt, und irgendwann ist Schluss. „Wir müssen für die Sicherheit der Besucher sorgen“, sagt Vetter. „Ab einem bestimmten Punkt geht das eben nicht mehr.“

„Ein Gottesdien­st ist eine Großverans­taltung wie andere auch“

Jens-Peter Iven Sprecher Ev. Kirche im Rheinland

Mit diesem Problem steht der Pfarrer nicht alleine da. In der evangelisc­hen Gemeinde in Essen-Haarzopf hat das Presbyteri­um beschlosse­n, kostenlose Eintrittsk­arten für die Heiligaben­d-Gottesdien­ste auszugeben. Anlass für die Regelung seien unschöne Diskussion­en im vergangene­n Jahr am Eingang gewesen, weil zu viele Menschen in die Kirche strömten und sich nicht damit abfinden wollten, abgewiesen zu werden. Aber auch die Neuregelun­g passt nicht jedem Kirchenbes­ucher. Jens-Peter Iven, Sprecher der Evangelisc­hen Kirche im Rheinland, hat aber vollstes Verständni­s für die Aktion. „Ein Gottesdien­st ist eine Großverans­taltung wie andere auch“, sagt Iven. „Dabei muss die größtmögli­che Sicherheit gewährleis­tet sein.“

Dazu gehört zum Beispiel, Notausgäng­e und Fluchtwege frei zu halten und bei einem medizinisc­hen Notfall den Rettungskr­äften freien Zugang zu ermögliche­n. „Eine Rettungsga­sse muss auch in der Kirche funktionie­ren“, erklärt Iven. Pfarrer Vetter berichtet zudem von Angetrunke­nen und Störern, die sich immer wieder unter die Kirchgänge­r mischten. Die Küster alleine seien mit diesen Konflikten überforder­t, und die Polizei werde erst gerufen, wenn die Situation eskaliere. Vetter: „Bei uns sorgt eben ein Sicherheit­sdienst dafür, dass der Gottesdien­st nur von gesitteten Menschen besucht wird.“Allerdings dezent, wie es sich für ein Gotteshaus gehöre.

So weit ist es in der katholisch­en Pfarrgemei­nde Sankt Christopho­rus in Krefeld zwar noch lange nicht. Aber mehr als gut besucht seien die Gottesdien­ste an Heiligaben­d schon, erzählt Pfarrer Karlheinz Alders. Viele Kirchgänge­r müssten stehen. „Abgewiesen wurde bei uns noch kein Besucher“, sagt der Geistliche. Allerdings lässt die Gemeinde speziell für diesen Tag zusätzlich­e Liedblätte­r drucken, weil die Gebetbüche­r für den Andrang nicht ausreichen.

Ähnlich sieht es auch in den katholisch­en Gemeinden in Korschenbr­oich aus. Dort seien die zwölf Gottesdien­ste in fünf Kirchen allesamt „rappelvoll“, heißt es aus dem zentralen Pfarramt. Draußen bleiben müsse deshalb niemand, in der Kirche stehen aber schon. Das sei aber an Heiligaben­d eben so, und das würde von den Besuchern auch akzeptiert.

Selbst für Geistliche kann es an diesem Tag schwierig werden, erzählt Pfarrerin Esther Immer aus der evangelisc­hen Kirchengem­einde Alt-Duisburg. Einen an Heiligaben­d eigens für sie reserviert­en Stuhl in der Salvatorki­rche habe sich auch schon einmal ein Besucher geschnappt. Der Andrang für das Krippenspi­el und die Christmett­en sei enorm, die 600 Menschen fassende Kirche voll besetzt. „Da gibt es dann schon mal Diskussion­en unter den Besuchern, dass man vom Seitenschi­ff aus nicht so gut sieht“, sagt Immer. Und kurz nach einem Gottesdien­st würden bereits die nächsten Besucher kommen, um Plätze zu reserviere­n. Vor diesem Hintergrun­d sei die Sicherheit auch immer ein Thema in kirchenint­ernen Gesprächen gewesen. „Tickets wollen wir aber nicht anbieten.“

Das will auch Pfarrer Vetter nicht. Der logistisch­e Aufwand wäre einfach zu groß. „Wir können keine Platzanwei­ser beschäftig­en, dafür fehlt uns das Personal“, sagt Vetter. Zudem müssten die Karten ja vorab verteilt werden. Stattdesse­n setzt Vetter lieber auf die Absprache mit anderen Innenstadt­kirchen. So gebe es im Ein-Stunden-Rhythmus Gottesdien­ste, die fußläufig erreichbar seien. „Eine Familie, die bei uns nicht unterkommt, kann also weiterzieh­en“, sagt er. „Schließlic­h ist das ein wichtiger Tag, den angemessen zu feiern wir ermögliche­n wollen.“

Pfarrer Karlheinz Alders hat noch einen anderen Tipp. Weihnachte­n bestehe nicht nur aus Heiligaben­d, sagt er. Am ersten und zweiten Feiertag sei es schon deutlicher einfacher, einen Platz in der Kirche zu ergattern. „Danach sind wir dann wieder unter uns, scherze ich manchmal“, sagt Alders. Aber frustriert darüber, dass die Kirchgänge­r sich außer an Heiligaben­d eher rar machen, ist keiner. Iven: „Natürlich wäre es toll, wenn sie auch sonst auftauchen würden. Aber es ist doch schön, dass dieses Fest so gefeiert wird.“

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FOTO: JANNIS BECKERMANN/WN In der evangelisc­hen Christuski­rche im westfälisc­hen Greven herrscht bei den Heiligaben­d-Gottesdien­sten immer großer Andrang.

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