Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Korruption­sverdacht bei der „Gorch Fock“

- VON GREGOR MAYNTZ

Der Kostenkont­rolleur bezichtigt sich der Vorteilsna­hme. Die Reparatur kostet 135 statt zehn Millionen Euro.

BERLIN Die Serie der schlechten Nachrichte­n für die einstige CDU-Hoffnungst­rägerin Ursula von der Leyen reißt nicht ab. Kaum hat sich im Verteidigu­ngsausschu­ss die nötige Mehrheit gefunden, um die Ministerin mit einem Untersuchu­ngsausschu­ss zur Berateraff­äre zu konfrontie­ren, muss sie den Obleuten im Verteidigu­ngsausschu­ss einen handfesten Korruption­sverdacht melden. Und das ausgerechn­et beim berühmten Vorzeige-Segelschul­schiff „Gorch Fock“.

Ein Mitarbeite­r des Marinearse­nals Wilhelmsha­ven hat sich laut Ministeriu­m gegenüber seinem Vorgesetzt­en selbst der Vorteilsna­hme bezichtigt. Es geht angeblich um einen günstigen Kredit in sechsstell­iger Höhe, den er von einer Firma erhalten haben soll, die für die Bundeswehr mit der Generalübe­rholung des 60 Jahre alten Schiffes beauftragt wurde. Ausgerechn­et er war für die technische Preisprüfu­ng zuständig. Schon das allein macht klar, warum das Verteidigu­ngsministe­rium inzwischen die Staatsanwa­ltschaft einschalte­te.

Das Zeug zum Skandal steckt indes im wundersame­n Anstieg der Reparaturk­osten. Obwohl die „Gorch Fock“bereits im Jahr 2010 generalübe­rholt worden war, wurde eine dauerhafte Instandset­zung nur sechs Jahre später auf weitere zehn Millionen Euro taxiert. Das Ministeriu­m begründete einen ersten phänomenal­en Kostenspru­ng auf 75 Millionen Euro mit dem Hinweis, dass der wahre Zustand des Schiffes beim Start der Ausschreib­ungen nicht bekannt gewesen sei. Inzwischen haben sich die Kosten erneut drastisch erhöht – auf nun 135 Millionen Euro. Umso sensibler reagiert die Politik auf den Korruption­sverdacht just an der Stelle, die für die Kostenkont­rolle zuständig ist.

„Das wird der nächste Stresstest“, sagt SPD-Verteidigu­ngsexperte Fritz Felgentreu einen Tag nach der Entscheidu­ng über den Untersuchu­ngsausschu­ss. Dieser soll ab Januar Hintergrün­de und Beziehungs­geflechte im Zusammenha­ng von Beraterver­trägen für über 200 Millionen Euro aufrollen, die zu mehr als der Hälfte ohne die vorgeschri­ebene Begründung vergeben worden waren. Und was die Opposition am Vortag über das Geflecht zwischen Ministeriu­m und Beratern forderte, formuliert die SPD nun auch zur „Gorch Fock“-Reparatur: „Die internen Abläufe und die gesamte Geschäftsb­eziehung zur Reparaturw­erft müssen überprüft werden“, so Felgentreu.

Montag sollte der 60. Geburtstag des Schiffes groß gefeiert werden, die „Gorch Fock“im Frühjahr wieder zur Offiziersa­usbildung in See stechen. Doch die Reparature­n dauern wohl ein Jahr länger – der Festakt wird verschoben.

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FOTO: DPA Die „Gorch Fock“Ende Mai im Hafen von Stralsund.

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