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Wohlfahrtsverband: Jeder sechste Deutsche ist arm
BERLIN (kna) Der Paritätische Wohlfahrtsverband sieht die relative Armut in Deutschland auf einem neuen Höchststand. Rund 13,7 Millionen Menschen lebten aktuell unterhalb der Einkommensarmutsgrenze, heißt es in dem am Donnerstag in Berlin vorgestellten Armutsbericht. Das entspreche 16,8 Prozent der Bevölkerung und sei der höchste Wert seit der Wiedervereinigung. Der Bericht basiert auf Daten aus dem sozio-ökonomischen Panel des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. Als arm gilt demnach jede Person, die weniger als 1086 Euro im Monat hat und damit über weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens verfügt.
Arbeitslose, Alleinerziehende, Migranten und gering qualifizierte Menschen hätten zwar ein besonders hohes Armutsrisiko, heißt es. Die Analyse der als arm geltenden Menschen zeige aber ein anderes Bild: Darunter seien überwiegend in Deutschland geborene Menschen mit mittlerem oder höherem Bildungsabschluss. Jeder fünfte Arme sei zudem ein Kind. Arbeit und eine gute Ausbildung schützten nicht vor Armut, hieß es weiter. Nur ein Fünftel der erwachsenen Armen sei arbeitslos. Etwa drei Viertel arbeite, mache eine Ausbildung oder beziehe Rente. Etwa 41 Prozent seien voll erwerbstätig. Allerdings hätten viele nur einen befristeten Vertrag oder arbeiteten als Leiharbeiter. Der Verband fordert einen Mindestlohn von 12,63 Euro und eine Rentenerhöhung. Leiharbeit und befristete Arbeitsverhältnisse sollten eingegrenzt werden.
Der Armutsbericht ist wiederholt kritisiert worden. Gegner bemängeln, dass das Einkommen gestiegen sei und damit auch die Grenze, wer als arm gelte. Der Wohlfahrtsverband wies die Kritik zurück. Wenn das mittlere Einkommen steige, erhöhe sich auch der Lebensstandard.