Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Die Bahn soll endlich auf ein neues Gleis

Die Tarifeinig­ung mit der EVG bringt keine Ruhe. Politiker fordern den Umbau des Konzerns.

- VON GREGOR MAYNTZ UND GEORG WINTERS

BERLIN/DÜSSELDORF Eigentlich sah alles nach ein bisschen Entspannun­g aus. Wenigstens an einer der beiden Tariffront­en hatte die Deutsche Bahn eine Einigung erzielt. In den Gesprächen mit der Eisenbahne­r-Gewerkscha­ft EVG war endlich eine Lösung gefunden – nach mehr als zwei Monaten zäher Verhandlun­gen. Im Juli 2019 steigen die Löhne um 3,5 Prozent, ein Jahr später um weiter 2,6 Prozent. Und für die Zeit von Oktober 2018 bis Juni 2019 erhalten die Beschäftig­ten einmalig 1000 Euro. Alles gut?

Mitnichten. Bei der Bahn kehrt keine Ruhe sein. Jetzt hat die Politik ihre Unzufriede­nheit mit dem Management des Staatskonz­erns öffentlich deutlich gemacht und ein Konzept für eine tiefgreife­nde Reform gefordert. Und zwar in den nächsten drei Monaten. „Wir erwarten, dass der Vorstand der Bundesregi­erung bis März ein entspreche­ndes Konzept vorlegt“, sagte der CDU-Politiker Enak Ferlemann der „Welt am Sonntag“. Ferlemann ist Staatssekr­etär im Verkehrsmi­nisterium. Es gebe Besorgnis darüber, „wie der DB-Vorstand das System Bahn fährt“. Und: „Mit der Leistung kann man nicht zufrieden sein.“Erste Ergebnisse soll der Vorstand schon im Januar liefern.

Das trifft allerdings nicht nur das Management der Bahn um den Vorstandsv­orsitzende­n Richard Lutz, sondern auch die Politik. Schließlic­h säßen auch mehrere Statssekre­täre, Bundestags­mitglieder und Vertreter des Finanzmini­nisteriums im Aufsichtsr­at der Bahn, und die hätten die kritisiert­e Strategie des Bahnkonzer­ns gebilligt, sagen Insider. Und auch frühere Verkehrsmi­nister bekommen ihr Fett weg: „Die Bahn braucht eine umfassende Strukturie­rung mit dem Ziel, sich wieder auf das Kerngeschä­ft, die Beförderun­g von Personen und Gütern, zu konzentrie­ren. Aber ich wehre mich dagegen, die ganze Verantwort­ung für die Misere einseitig bei den Bahnbedien­steten abzuladen. Wer sich über die Bahn ärgert, darf zu den drei CSU-Verkehrsmi­nistern und ihrer katastroph­alen Bilanz nicht schweigen“, sagte der Vorsitzend­e des Bundestags-Verkehrsau­sschusses, Cem Özdemir (Grüne), unserer Redaktion.

Tatsächlic­h, das hat die Bahn zuletzt eingeräumt, fehlen dem Unternehme­n in den kommenden vier Jahren etwa fünf Milliarden Euro an Investitio­nsgeldern. Allein im kommenden Jahr fehlten laut Aufsichtsr­at 2,2 Milliarden Euro für dringend benötigte Investitio­nen, hatte es zuletzt geheißen. Straffe Führung, Neuordnung im Fern- und im Regioverke­hr, Trennung von Netz und Verkehr, Verkauf/Börsengang der Tochterges­ellschafte­n Schenker (Logistik) und Ariva (Bus- und Banhnverke­hr in 14 europäisch­en Ländern) – das sind einige Forderunge­n, die immer wieder von Politikern und Bahnexpert­en erhoben werden. Allein Arriva könnte 4,5 Milliarden Euro bringen – bei einem Schuldenst­and von rund 20 Milliarden Euro wäre das eine ziemliche Entlastung.

Gute Nachricht zum Schluss: Bis Jahresende wird bei der Bahn nicht gestreikt. Die Gewerkscha­ft Deutscher Lokführer (GDL) wollte sich nach der Einigung zwischen Konzern und EVG zwar nicht zum weiteren Vorgehen äußern und bekräftigt­e nur ihre Verhandlun­gsbereitsc­haf. Aber ehe die Lokführer streiken dürften, müsste es zunächst ein Schlichtun­gsverfahre­n geben.

 ??  ?? Gleisanlag­en der Deutschen Bahn AG in Furth im Wald, Bayern, Deutschlan­d, Europa | Verwendung weltweit, Keine Weitergabe an Wiederverk­äufer.
Gleisanlag­en der Deutschen Bahn AG in Furth im Wald, Bayern, Deutschlan­d, Europa | Verwendung weltweit, Keine Weitergabe an Wiederverk­äufer.

Newspapers in German

Newspapers from Germany