Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Die AfD lässt die Hammel springen
Mit einem kleinen Racheakt hat die AfD ihre Überflüssigkeit belegt.
Die Auseinandersetzungen im Bundestag sind härter geworden. Insbesondere das Spiel „AfD gegen alle und alle gegen die AfD“nimmt an Schärfe weiter zu. Die AfD ist die einzige Fraktion, die bislang keinen Bundestags-Vizepräsidenten hat. Es gibt kein Anrecht auf den Posten. Den Gepflogenheiten des Bundestags aber entspricht es, dass jede Fraktion einen Vize stellt und damit die Spielregeln des parlamentarischen Ablaufs mitbestimmt und überwacht. Im Jahr 2006 ließen die Abgeordneten den Linken Lothar Bisky durchfallen, wählten wenig später aber die Linke Petra Pau ins Präsidium, die bis heute dort sitzt – mit Anerkennung bis in die CSU.
Bei der AfD konnte zunächst Albrecht Glaser, dem Anti-Islamismus vorgeworfen wird, keine Mehrheit für das Bundestagspräsidium bekommen. Nachdem das Parlament auch die als gemäßigt geltende Mariana Harder-Kühnel zweimal hatte durchfallen lassen, sann die AfD auf Rache. Anderntags beantragte Fraktionschef Alexander Gauland einen sogenannten Hammelsprung – eine Zählweise von Abgeordneten, die es erstaunlicherweise auch im digitalen Zeitalter noch gibt. Gauland zweifelte die Beschlussfähigkeit des Parlaments an. Er meinte, es seien weniger als 355 von 709 Abgeordneten anwesend. Um Gaulands Behauptung zu überprüfen, mussten die Abgeordneten alle den Plenarsaal verlassen und durch bestimmte Türen zwecks Zählung wieder betreten. Das Gehässige an der AfD-Aktion: Die gesamte Fraktion blieb dem Hammelsprung fern, um das Erreichen des notwendigen Quorums von 355 zu verhindern. Im Fall eines Scheiterns hätte die Bundestagssitzung abgebrochen werden müssen. Der Hammelsprung aber glückte, und die AfD musste sich die Häme anhören, dass sie im Bundestag nicht gebraucht werde.