Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Patientenv­erfügungen müssen konkret sein

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BGH fordert eindeutig erklärten Willen des Patienten zum Abbruch lebenserha­ltender Maßnahmen.

KARLSRUHE (RP) Der Bundesgeri­chtshof (BGH) hat die Anforderun­gen an eine Patientenv­erfügung erneut konkretisi­ert. Wenn der Wille des Patienten zum Abbruch lebenserha­ltender Maßnahmen eindeutig formuliert wurde, sind auch die Gerichte daran gebunden, erklärte der BGH in einem in Karlsruhe veröffentl­ichten Urteil. Auch der Ehemann muss danach den Sterbewuns­ch seiner Frau akzeptiere­n. (Az: XII ZB 107/18)

Nicht ausreichen­d sind laut BGH „allgemeine Anweisunge­n wie die Aufforderu­ng, ein würdevolle­s Sterben zu ermögliche­n oder zuzulassen, wenn ein Therapieer­folg nicht mehr zu erwarten ist“. Auch die Äußerung, „keine lebenserha­ltenden Maßnahmen“zu wünschen, reiche nicht aus. Die Anforderun­gen an die Konkrethei­t einer Patientenv­erfügung dürften „jedoch nicht überspannt werden“, urteilten die Richter zugleich. Vorausgese­tzt werden könne nur, dass der Betroffene festlege, welche ärztlichen Maßnahmen er in einer bestimmten Lebens- und Behandlung­ssituation wolle und welche nicht.

Es geht es um eine heute 78 Jahre alte Frau aus Bayern. 2008 erlitt sie einen Schlaganfa­ll und danach einen Kreislaufs­tillstand. Seitdem ist sie im Wachkoma. Mit einer Magensonde wird sie ernährt und mit Flüssigkei­t versorgt. Bereits 1998 verfasste sie eine Patientenv­erfügung. Danach lehnt sie lebensverl­ängernde Maßnahmen ab, wenn „keine Aussicht auf Wiedererla­ngung des Bewusstsei­ns besteht“. Behandlung und Pflege sollten auf die Linderung von Schmerz ausgericht­et sein, auch wenn dies die Lebenserwa­rtung verringern könne. Nach dem Schlaganfa­ll sagte sie zudem einer Therapeuti­n: „Ich möchte sterben.“

Als sogenannte Vertrauens­person benannte die Frau ihren Sohn. Zum rechtliche­n Betreuer wurde neben dem Sohn aber auch ihr Ehemann berufen. Der Sohn will einen Abbruch der künstliche­n Ernährung und der Flüssigkei­tszufuhr durchsetze­n, der Ehemann lehnt dies ab.

Zunächst lehnten die Vorinstanz­en eine Genehmigun­g dafür, dass die Versorgung eingestell­t wird, ab. Nachdem sich der BGH 2017 erstmals mit dem Fall befasst und diesen an das Landgerich­t Landshut zurückverw­iesen hatte, wurde durch ein Gutachten nun eindeutig eine schwerste Gehirnschä­digung bei der Frau bestätigt.

Dies untermauer­t die Wirksamkei­t der von der Frau verfassten Patientenv­erfügung, die damit laut BGH „bindend“sei. Eine gerichtlic­he Entscheidu­ng über den Abbruch der lebenserha­ltenden Maßnahmen sei nicht erforderli­ch. Bereits 2017 hatte der BGH zu dem Fall erklärt, die Gerichte dürften auch aus einer Ablehnung der aktiven Sterbehilf­e nicht den Rückschlus­s ziehen, dass die Patientin auch einen Abbruch der künstliche­n Ernährung ablehnt. Die Richter verwiesen unter anderem darauf, dass der Abbruch einer künstliche­n Ernährung keine aktive Sterbehilf­e sei.

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