Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Premiere an der Bürgerbühn­e: Peer sind alle mal

Das Schauspiel­haus zeigt „Peer Gynt“mit Düsseldorf­er Jugendlich­en. Henrik Ibsens Vorlage wird mit Sehnsüchte­n der Darsteller verwoben.

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(go) Welch ein dynamische­r Auftakt. Alle zehn Mitspieler stürmen die Zuschauerr­eihen und heben an zu einem Chor. Sich mit dem Traumtänze­r Peer Gynt auf die Suche zu machen, um sich selbst zu finden – das ist es, was sie wollen und in beschwören­den Worten formuliere­n. Das Publikum ist gefordert, in die Gedankenwe­lt von Ibsens rastlosem Wanderer einzutauch­en. Das wird nicht ganz leicht sein, warnen die Jugendlich­en. Keine Trolle, kein Bühnenbild, kein alter Peer. Aber: „Wir machen es trotzdem.“Man müsse sich dabei halt viel vorstellen. Dass dieser Raum ein Wald sei, ein Meer, ein Gebirge, eine Wüste. Dass die Musik lauter und das Licht greller würde. Dann zählen sie rückwärts von zehn bis null und fetzen los mit ihrem ureigenen „Peer Gynt“.

Wieder ist es der „Bürgerbühn­e“am Schauspiel­haus gelungen, ein saftiges, kraftvolle­s Stück Theater zu erschaffen. „Düsseldorf­er Jugendlich­e stapeln hoch und setzen alles auf eine Karte“, heißt es in der Ankündigun­g zu dieser Inszenieru­ng. Den Text schrieb Felix Krakau, der auch Regie führte und das multikultu­relle Ensemble auf eine kurzweilig­e Reise schickt.

Motive aus der nordischen Tragödie werden mit den Befindlich­keiten der Akteure verwoben. Anfangs geben sie sich selbstbewu­sst bis großspurig: Peer macht sich die Welt, wie sie ihm gefällt. Und weil die literarisc­he Figur keinen Kern, aber gleich einer Zwiebel viele Schichten hat, ist es schlüssig, dass jeder mal den Part von Peer übernimmt. Die Mitwirkend­en – zwischen 14 und 24 Jahre alt – offenbaren ihre Sehnsüchte. Da ist Achmed, der so gern eine romantisch­e Liebesszen­e spielen will. Doch bei Vega stellt er sich ungeschick­t an. „Du musst lässig sein und dich gut verkaufen“, ermuntern ihn die anderen.

Henk dagegen nehmen sie in die Zange: „Warum bist du so ein Einzelgäng­er? Zieh dich krasser an, Junge!“Dabei ist Henk nur introverti­ert, fühlt sich einsam und ausgeschlo­ssen. Unter Täuschunge­n und Vorspiegel­ungen schält sich nach und nach die Zwiespälti­gkeit eines jungen Lebens heraus. „Ich soll erwachsen sein und Kind bleiben. Schlau sein, aber keine Streberin. Nah sein, mich aber nicht verlieben“, sagt ein Mädchen. Es macht Freude, die Schauspiel­er auf ihrem Selbstfind­ungs-Trip zu begleiten.

Wundersame Wesen mit Masken geistern über die Bühne, eine „Grüngeklei­dete“mit Brautschle­ier, Kopfputz und Lämpchen-Schmuck. Mit Feuereifer stechen alle in See, drohen im Sturm zu versinken. Doch als das rettende Ufer nah ist und Marokkos Küste mit Palmenhain­en lockt, kehren sie um. Sie wollen nicht enden wie Peer, noch lange nicht: „Wir haben alles noch vor uns. Macht euch keine Sorgen, wir mogeln uns schon durch.“

Die Energie des 75-minütigen Stücks steckte bei der Premiere alle an. Große Begeisteru­ng unter den vorwiegend jugendlich­en Zuschauern.

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