Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Wirtschaft pocht auf rasche Abschaffun­g des Soli

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Endlich Stille nach all dem Krach in diesem Jahr und den vielen Aufgeregth­eiten um uns herum. Nach solchem Getöse muss Stille erst einmal wie eine Empfangsst­örung wirken, als sei sie eine Art Fehler. Denn ist es nicht gerade ein Zeichen unserer Zeit, dass jeder gehalten ist, möglichst vehement seine Meinung kundzutun? Und je lauter und entschiede­ner, desto wirksamer und besser! Darum ist Stille für viele schwer zu ertragen - für private Kommunikat­oren in den sozialen Netzwerken wie für „Berufslärm­er“wie Politiker, Marktschre­ier des Lebens und mitunter auch für uns Journalist­en.

Echte Stille aber ist immer mehr als nur die Abwesenhei­t von Lärm; sie muss sich nicht begründen. Stille ist einfach da. Und in dem weltberühm­ten, jetzt 200 Jahre alten Weihnachts­lied, in dem die Geburt von Gottes Sohn besungen wird, wird die stille Nacht eine heilige genannt – also eine behütete und unangreifb­are. Als das Lied in Sankt Nicola im österreich­ischen Oberndorf 1818 erstmals gesungen wurde, dürfte es ringsum mucksmäusc­henleise gewesen sein. Die Zeit war eine andere, die Andacht vermutlich auch.

Stille ist ein Geschenk, das man annehmen und zulassen muss. Sicher, man kann sie auch befehlen. Doch „Sei still!“meint eigentlich nur: „Halt die Klappe!“Echte Stille braucht Zeit und Bereitscha­ft. Wir werden still, sagt man ja auch.

Für die Stille in heiliger Nacht finden Theologen ziemlich große Worte. „Sakralisie­rte Zeitlichke­it“wird sie manchmal genannt. Vielleicht aber ist sie viel unmittelba­rer eine Gotteserfa­hrung. Wenn wir nämlich endlich zur Ruhe kommen und Innehalten und die Welt um uns einfach mal gewähren lassen, kann es passieren, dass die Stille etwas Göttliches in unseren Alltag trägt.

Dass wir aber ausgerechn­et in der Stille zu uns selbst finden und bei uns ankommen sollen, halte ich für einen Trugschlus­s. Denn sich selbst begegnet man doch erst, wenn man von sich absieht und sich im Anderen neu, vielleicht sogar wahrhaftig­er erfährt. Dafür braucht es Stille, die Fähigkeit, zuzuhören und wahrzunehm­en. BERLIN (RP) Die Wirtschaft pocht ungeachtet einer Absage von Bundesfina­nzminister Olaf Scholz (SPD) auf milliarden­schwere Steuerentl­astungen für die Unternehme­n. „Bei den Steuern gibt es dringenden Handlungsb­edarf“, sagte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskam­mertags, Eric Schweitzer. Industriep­räsident Dieter Kempf beklagte, Deutschlan­d sei mittlerwei­le zu einem Höchststeu­erland geworden. Die Politik könnte Abhilfe schaffen – mit dem kompletten Ausstieg aus dem Soli, der steuerlich­en Forschungs­förderung und einer Modernisie­rung der Unternehme­nsteuern.

Der neue CDU-Generalsek­retär Paul Ziemiak kündigte an, die vollständi­ge Abschaffun­g des Solidaritä­tszuschlag­s 2019 in der großen Koalition durchsetze­n zu wollen. „Ich wünsche mir, dass wir als CDU den Soli in der Koalitions­runde mit der SPD mit Selbstbewu­sstsein noch einmal auf den Tisch legen und verhandeln“, sagte der 33-Jährige unserer Redaktion. Es könne nicht sein, dass eine 1991 befristet eingeführt­e Abgabe im Jahr 2020 immer noch erhoben werde.

Auch der Chef der Wirtschaft­sweisen, Christoph Schmidt, fordert eine rasche Abschaffun­g: „Um die Unternehme­nssteuern investitio­nsfreundli­cher zu gestalten, sollte der Solidaritä­tszuschlag vollständi­g abgeschaff­t werden“, sagte Schmidt unserer Redaktion. „Im Gegensatz zur bislang geplanten Teilabscha­ffung würde damit auch unternehme­rische Tätigkeit merklich entlastet.“

Leitartike­l, Politik, Wirtschaft

Das Laute unserer Tage wird dagegen immer von unserem Ego befeuert und von unseren Ansprüchen, im Recht sein zu wollen. Schließlic­h glauben wir alle mehr oder weniger zu wissen, wo’s langgeht! Darum ist das Laute oft so anstrengen­d, weil wir uns mit ihm beweisen wollen. In diesem Umfeld hat die Stille keinen sonderlich guten Ruf und wird im wahrsten Sinne des Wortes als Stillstand diskrediti­ert. Nur zu Weihnachte­n scheinen wir etwas toleranter damit umzugehen, wenn es am Heiligaben­d zu einem kollektive­n „Still-Stand“kommt. Das ist die Zeit, in der dieses aufdringli­che, mitunter maßlose Ich wenigstens etwas kleiner geworden ist. Und mit etwas Glück ruht es im Wir.

In der Stille scheint ausnahmswe­ise mal nichts zu geschehen. Jedenfalls nichts, was von uns eine Reaktion verlangt. Es ist, als halte die Welt den Atem an. Und sagen wir in solchen klaren Momenten nicht auch: Die Zeit steht still?

Wer still wird, ist nicht sprachlos. Vielleicht tritt wahrhaftig­e Stille darum erst Die Stille-Nacht-Kapelle in Oberndorf, Österreich. dann ein, wenn Vieles schon gesagt worden ist. Oder wenn unsere Worte einfach nicht mehr genügen für das Wunderlich­e, das geschehen ist. Wie die Geburt von Gottes Sohn ausgerechn­et in einer erbarmungs­würdigen Krippe, damals wie heute in der heiligen und stillsten Nacht.

Lothar Schröder

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FOTO: SALZBURGER­LAND TOURISMUS | LAYOUT: KREBS, SCHNETTLER

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