Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Die Lichtmache­r

Licht kann auch „made in Düsseldorf“sein. Dafür stehen die Leuchtenen­twickler Jule Dinnebier und Daniel Klages.

- VON UWE-JENS RUHNAU

Als Thomas Schütte 2010 den Kunstpreis der Stadt Düsseldorf erhielt, erzählte er, warum er gerne in der Landeshaup­tstadt lebt. Einer der Gründe sei der Umstand, dass in Düsseldorf und der Region hervorrage­nde Handwerker ansässig seien, mit denen er seine Werke umsetzen könne. Die Schnittmen­ge von Kunst, Design und Handwerk kennzeichn­et auch Lichtkunst und das Talent, außergewöh­nliche Leuchtkörp­er entwickeln zu können. Dies ist das Terrain von Jule Dinnebier und Daniel Klages. Das Ehepaar steht für einen bekannten Namen in der Stadt: „Licht im Raum“. Dahinter verbirgt sich aber, was nicht allzu viele wissen, weit mehr als das bekannte gleichnami­ge Lampengesc­häft an der Graf-AdolfStraß­e, nämlich eine vielfach ausgezeich­nete Manufaktur und ein Büro für Lichtplanu­ng.

In der Architekte­nwelt sind Dinnebier und Klages bekannt. Hunderte Kirchen hat das Paar mit seinem Team ins rechte Licht gesetzt, Hotels, Restaurant­s, Geschäfte, Clubs, Büros, natürlich Privathäus­er. In Düsseldorf stehen etwa der Industriec­lub und die Mitsubishi-Electric-Halle auf der Referenzli­ste. In der Neanderkir­che hängen die schlicht-funktional­en Leuchten der firmeneige­nen Ocular-Serie von der Decke. „Ideal für eine Kirche, obwohl man dies vielleicht nicht gleich denken würde“, sagt Klages. Gerade die Zurückhalt­ung und die funktional­e Kühle dieses Designs ließen bei der Wirkung übertags dem natürliche­n Licht im Raum den Vortritt, am Abend aber illuminier­ten die Leuchten das Gotteshaus, ohne sich selbst in den Vordergrun­d zu spielen.

Die Geschichte von „Licht im Raum“beginnt 1956 im heutigen Stammhaus an der Graf-Adolf-Straße 49. Im vierten Stock gründen Lisa und Johannes Dinnebier eine Handelsver­tretung für die Marken Staff und Schwarz, die heute zur Zumtobel-Gruppe gehören. Drei Jahre später wird das Geschäft im Erdgeschos­s eröffnet, 1962 werden die Düsseldorf­er erster deutscher Vertriebsp­artner der italienisc­hen und weltweit arrivierte­n Branchengr­öße Artemide, später heben die Unternehme­n gemeinsam eine Deutschlan­d GmbH aus der Taufe. Noch heute ist an der Graf-Adolf-Straße eine der bedeutends­ten Ausstellun­gen der Italiener in NRW zu sehen. Die Dinnebiers gründen 1965 ein Büro für Lichtplanu­ng, was es damals als Berufsbild noch gar nicht gab. Sie führen zahlreiche Großprojek­te durch, darunter die Beleuchtun­g des Deutschen Pavillons bei der Weltausste­llung in Brüssel, des Bayer Casinos in Leverkusen und des Vorwerk-Foyers in Wuppertal. Aktuell beschäftig­en sich die Lichtplane­r mit dem Mainzer Landtag und der Bundesbank-Filiale in Dortmund.

Düsseldorf und das Bergische sind seit Anfang der siebziger Jahre die beiden Adressen der Mittelstän­dler. Heute arbeiten 20 Mitarbeite­r in Düsseldorf, 16 in der Wuppertale­r Manufaktur, wo Metallbild­ner ausgebilde­t werden, und im Lichtplanu­ngsbüro. Bei der Herstellun­g der eigenen Produkte gehören geistig Behinderte zum Team, es gibt eine Kooperatio­n mit der Lebenshilf­e. „Licht im Raum“und die Firma Dinnebier haben vier große Produktlin­ien entwickelt und vertreiben sie: Clip, Ocular, Stilio und Moons. Mit Stilio ist Daniel Klages eine Neuinterpr­etation des Kronleucht­ers gelungen, die Serie ist ebenso mit dem Design-Award des Rats für Formgebung ausgezeich­net worden wie die kugeligen und schräg abgeschnit­tenen Moon-Leuchten. Die Linien haben Raffinesse. Abgesehen vom Umstand perfekter Werkstoffe und guter Verarbeitu­ng, kennzeichn­et sie die Grundidee, aus Einzelelem­enten größere Einheiten herstellen zu können – die Kronleucht­er gibt es etwa rund, eckig, mehr oder weniger hoch und raumgreife­nd.

Die Kollektion des Unternehme­ns macht 50 Prozent des Umsatzes aus, die Projektarb­eit 35 Prozent, 15 Prozent werden an der Ladenkasse erwirtscha­ftet. Die große Herausford­erung fürs neue Jahr: die Entwicklun­g des Online-Shops.

„Wir sind Anhänger der LED-Technik und machen jeden Entwicklun­gsschritt mit.“

Daniel Klages Unternehme­r

Jule Dinnebier und Daniel Klages engagieren sich auch in der Interessen­gemeinscha­ft der Graf-AdolfStraß­e, zudem waren sie von Anfang an beim leider untergegan­genen Verein Designer Saturday dabei. In Solingen haben sie aus einem Wasserturm einen Lichtturm mit Glaskuppel gemacht, in dem heute unter anderem Schulungen stattfinde­n. In ihrem Geschäft an der Graf-AdolfStraß­e gibt es auch ein Lampenmuse­um (gezeigt werden 40 von 150 Exponaten), manches Stück ist mehrere tausend Euro wert, darunter Prototypen berühmter Serien. Ein besonderes Expemplar ist gerade bei Sotheby’s versteiger­t worden. Zudem erhalten neben dem Museum im Untergesch­oss junge Designer auf einer Ausstellun­gsfläche die Möglichkei­t, ihre Produkte zu präsentier­en.

Und wie hält es das Paar mit LED? „Wir sind Anhänger und gehen jede Entwicklun­g mit“, sagt Daniel Klages. Nichts komme an das Sonnenlich­t heran, ergänzt der Fachmann, die schiere Intensität und absolute Farbwieder­gabe seien nicht imitierbar. Die LED als digitale Lichtquell­e erreiche aber mittlerwei­le 90 Prozent des Leistungss­pektrums von Halogenleu­chten, die das Licht durch ein Feuer im Glaskolben erzeugten. Dieses Feuer erzeuge den Rotanteil des Lichts, der für Wärme stehe – und der beim „kalten“LEDLicht zunächst so vermisst wurde.

Über dem heimischen Esstisch hängt bei der Unternehme­rfamilie aber keine LED-Leuchte, sondern eine Niedervolt-Halogenlam­pe. Ihr Licht ist hell genug zum Lesen, sie hat eine hohe Energieeff­izienz, bietet das Spektrum des Sonnenlich­ts – und sie ist vom EU-Verbot nicht betroffen.

 ?? RP-FOTO: ANDREAS BRETZ ?? Jule Dinnebier und Daniel Klages sind die Inhaber von „Licht im Raum“und der Firma Dinnebier Licht. Die Eltern von Jule, Lisa und Johannes Dinnebier haben die Unternehme­n gegründet. Alle zehn Jahre wird ein neues Serienprod­ukt entwickelt. Hier hält das Ehepaar die Moons in der Hand. Zu sehen ist links daneben das erste Element der Stilio-Serie.
RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Jule Dinnebier und Daniel Klages sind die Inhaber von „Licht im Raum“und der Firma Dinnebier Licht. Die Eltern von Jule, Lisa und Johannes Dinnebier haben die Unternehme­n gegründet. Alle zehn Jahre wird ein neues Serienprod­ukt entwickelt. Hier hält das Ehepaar die Moons in der Hand. Zu sehen ist links daneben das erste Element der Stilio-Serie.
 ??  ?? „Licht im Raum“hat auch das Lichtkonze­pt für die Neanderkir­che gemacht.
„Licht im Raum“hat auch das Lichtkonze­pt für die Neanderkir­che gemacht.
 ?? FOTOS (5): LICHT IM RAUM ?? In Wuppertal ist die Produktion angesiedel­t. Es gibt eine Kooperatio­n mit der Lebenshilf­e.
FOTOS (5): LICHT IM RAUM In Wuppertal ist die Produktion angesiedel­t. Es gibt eine Kooperatio­n mit der Lebenshilf­e.
 ??  ?? In Solingen wurde aus einem Wasserein Lichtturm.
In Solingen wurde aus einem Wasserein Lichtturm.
 ??  ?? Firmengrün­der Johannes Dinnebier im Forum Leverkusen.
Firmengrün­der Johannes Dinnebier im Forum Leverkusen.
 ??  ?? Im Industriec­lub hängen Leuchter aus der Stilio-Serie.
Im Industriec­lub hängen Leuchter aus der Stilio-Serie.

Newspapers in German

Newspapers from Germany