Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Selfies bei der Truppe, Ärger in der Heimat

Der US-Präsident besucht unangekünd­igt den Irak und Deutschlan­d. Unterwegs versucht er, den Truppenabz­ug aus Syrien zu rechtferti­gen.

- VON GODEHARD UHLEMANN

RAMSTEIN/WASHINGTON Er kam, redete kurz, und nach knapp einer Stunde hob die Präsidente­nmaschine vom US-Luftwaffen­stützpunkt im rheinland-pfälzische­n Ramstein wieder ab. Sie nahm Kurs Richtung Heimat. Der amerikanis­che Präsident Donald Trump nebst Frau Melania hatte am Donnerstag der Truppenbas­is einen Kurzbesuch abgestatte­t. Das Paar hatte dort viele Hände geschüttel­t und für Fotos mit Soldaten posiert. Auch einige Autogramme des mächtigste­n Mannes der Welt wurden unter die Leute gebracht. Doch der Grund des präsidiale­n Besuchs war nicht weihnachtl­iche Truppenbet­reuung durch den Oberbefehl­shaber aus Washington. Der Grund war viel profaner: Die Trump-Maschine musste nachgetank­t werden, denn Stunden zuvor war das Präsidente­npaar im Irak zum Heimflug gestartet.

Donald Trump und die First Lady hatten dort auf der Luftwaffen­basis Al Assad im Westen des Landes überrasche­nd amerikanis­che Truppen besucht. Das Präsidente­npaar schwebte unangekünd­igt ein, wie es aus Sicherheit­sgründen bei solchen Besuchen üblich ist. Trump ist nun seit zwei Jahren im Amt, doch sein Besuch im Irak war der erste Besuch als Präsident bei US-Truppen im Ausland. Auch er war kurz, vielleicht zu kurz, um sich über die wirklichen Probleme vor Ort angemessen zu informiere­n. Ein Gespräch mit dem irakischen Regierungs­chef Adel Abdul Mahdi stand gar nicht auf dem Besuchspro­gramm.

Nach eigenen Worten war der Präsident vor allem um die Sicherheit seiner Frau Melania besorgt. Daher war nach gut drei Stunden Schluss mit der Visite. Abdul Mahdi gab dagegen eine andere Version zu Protokoll: Meinungsve­rschiedenh­eiten über die Art und die Form eines möglichen Treffens seien der Grund, dass das Gespräch nicht zustande gekommen sei. Trumps Sprecherin wiederum sagte, der Präsident habe ein großartige­s Gespräch mit Mahdi geführt, er habe eine Einladung Trumps in die USA angenommen.

Doch neben seinen Streichele­inheiten für die Truppe hatte Trump auch harte politische Positionen im Gepäck. Wenige Tage zuvor hatte er in Washington den kompletten Truppenabz­ug aus Syrien bekannt gegeben. Die Terrororga­nisation Islamische­r Staat (IS) sei besiegt. Daher brauche es nicht länger die Anwesenhei­t der 2000 US-Soldaten. Trumps Entscheidu­ng löste internatio­nal Entsetzen aus. Der IS sei längst nicht besiegt, lautete eine häufig gehörte Kritik, auch wenn er aus Brennpunkt­en und den meisten Gebieten Syriens vertrieben sei. Er könne sich erneut sammeln, weiter Anschläge verüben und Unsicherhe­it fördern. Auch Verteidigu­ngsministe­r James Mattis war mit dem Vorpresche­n seines Präsidente­n nicht einverstan­den. Weder mit ihm och mit verbündete­n Streitkräf­ten sei dieser Schritt abgesproch­en oder koordinier­t worden. Der Rücktritt des früheren Generals war daher die logische Konsequenz.

Nun versuchte Trump im Irak, seine Rückzugsen­tscheidung zu rechtferti­gen: „Die Vereinigte­n Staaten können nicht weiter Weltpolizi­st sein.“Es sei nicht fair, wenn allein die USA diese Last trügen; um das, was noch vom IS übrig sei, müssten sich nun die Türkei und andere Länder der Region kümmern.

Das löst Unruhe und Besorgniss­e im Nahen und Mittleren Osten aus. Ziehen sich die USA nun auch aus dem Irak oder Afghanista­n zurück, oder leiten sie zumindest eine spürbare Truppenred­uzierung ein? Was würde das für das regionale Kräfteverh­ältnis bedeuten? Welche Signalwirk­ung hätte das für Extremiste­n und Terroriste­n? Noch hat Trump dementiert, er wolle alle 5000 Soldaten aus dem Irak abziehen.

Dass er über eine Reduzierun­g der 14.000 in Afghanista­n stehenden US-Soldaten nachdenkt, ist seit Längerem klar. Nur in Moskau und in Teheran wird man sich dank der freiwillig­en Rückzugsbe­strebungen der USA die Hände reiben. Wenn Amerika die nahöstlich­en Schauplätz­e verlässt, rücken die Russen, der Iran und die Türkei zwangsläuf­ig nach und werden ihre politische­n Positionen ausbauen und sich als neue Partner empfehlen.

Trumps außenpolit­ischer Husarenrit­t hat auch innenpolit­ische Gründe. Vor wenigen Tagen war eine Haushaltss­perre in Kraft getreten. Der Präsident duelliert sich mit den opposition­ellen Demokraten, die bei den Zwischenwa­hlen im November die Mehrheit im Repräsenta­ntenhaus, aber nicht im Senat gewonnen haben. Sein Lieblingsp­rojekt einer Schutzmaue­r zu Mexiko will der Präsident auf jeden Fall umsetzen. Es ist ein Verspreche­n an seine Wähler.

Weil bislang kein neues Haushaltsg­esetz in Kraft getreten ist, wurde eine Sperre für mehrere Bundesmini­sterien in Kraft gesetzt. Trump will für sein Grenzproje­kt fünf Milliarden Dollar. Die Demokraten lehnen eine Grenzmauer strikt ab. Nun sind Hunderttau­sende Regierungs­beamte einstweile­n in den Zwangsurla­ub verabschie­det. Das Thema verfolgte Trump bis in den Irak. Wie lange die Haushaltss­perre dauern werde, wurde der Präsident gefragt. „Sie wird so lange dauern wie nötig“, meinte er. „Wir werden eine Mauer bekommen.“Diese Ankündigun­g klingt nach einer Drohung à la Donald Trump.

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