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Ratsvorsit­z trotz Staatskris­e – Rumänien führt die EU

Machtkampf, Korruption­sskandal, Angriff auf die Justiz: In Bukarest herrscht politische­s Chaos. Kann ein Staat in dieser Verfassung Europas Probleme angehen?

- VON RUDOLF GRUBER

BUKAREST Jedes Jahr an Weihnachte­n versammeln sich ein paar ältere Leute am Grab von Nicolae und Elena Ceausescu auf dem Bukarester Ghencea-Friedhof. Die letzten treuen Kommuniste­n gedenken des Diktatoren­paares, das Rumänien ein Vierteljah­rhundert mit eiserner Faust regierte und am 25. Dezember 1989, nach dem Urteil eines Militärtri­bunals, exekutiert wurde.

Kurz bevor Rumänien am 1. Januar den EU-Ratsvorsit­z übernimmt, wähnen sich viele Rumänen in Ceausescus Zeiten zurückgewo­rfen, wenn sie den Namen Liviu Dragnea hören. Der neue Chef der postkommun­istischen Sozialdemo­kraten ist drauf und dran, 29 Jahre nach dem Umsturz die Demokratie abzuschaff­en und seinem Machtstreb­en auch die Europa-Perspektiv­e seines Landes zu opfern. Obwohl Dragnea kein Regierungs­amt ausübt – wegen einer Vorstrafe bleibt ihm der Posten des Premiers versagt –, ist er der starke Mann. Pro-forma-Regierungs­chefin Viorica Dancila, ihr Kabinett sowie der kleine nationalli­berale Koalitions­partner Alde sind Dragneas Marionette­n.

Dragnea bemüht sich nach Kräften, die Justiz unter Kontrolle zu bringen, denn gegen ihn laufen mehrere Verfahren. So ermittelt die Staatsanwa­ltschaft wegen Korruption gegen den 55-Jährigen. Dragnea bestreitet die Vorwürfe, will aber noch im Januar eine „Strafrecht­sreform“durchpeits­chen, die Korruption, Bestechung, Amtsmissbr­auch und dergleiche­n praktisch straffrei stellt und Ermittlung­en mit allerlei Auflagen erschwert, wenn nicht vereitelt. Präsident Klaus Iohannis, erklärter Feind Dragneas und Wortführer einer bürgerlich­en Protestbew­egung zur Verteidigu­ng der Demokratie, warnte die Parlaments­abgeordnet­en, diese Gesetzesvo­rlage zu beschließe­n: „Das wäre ein schwerer Fehler, der die Zukunft Rumäniens in Europa infrage stellt.“

Kann ein Land, in dem der Rechtsstaa­t mit Füßen getreten wird, das wegen des Machtkampf­s zwischen Präsident und Regierung seit Monaten in einer Staatskris­e steckt, die EU repräsenti­eren und deren Vorsitz profession­ell organisier­en? Zumal im ersten Halbjahr 2019 wegweisend­e Entscheidu­ngen anstehen: der Brexit, voraussich­tlich im März, die Europawahl im Mai, der Beschluss des EU-Haushalts. Und die Migrations­problemati­k ist weiter ungelöst.

Danicla meint, ihre Regierung sei „bestens gerüstet“. Details verrät sie nicht. Iohannis widersprac­h zunächst offen („nicht vorbereite­t“), nahm aber später die Aussage zurück. Dragnea, nebenbei auch Parlaments­präsident, hatte dem Präsidente­n erneut mit einem Amtsentheb­ungsverfah­ren und einer Klage wegen Landesverr­ats gedroht.

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FOTO: AP US-Präsident Donald Trump und seine Frau Melania am Donnerstag auf dem Luftwaffen­stützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz.

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