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Funkstille Nacht

Der Online-Händler Amazon meldet das erfolgreic­hste Weihnachts­geschäft aller Zeiten. Besonders beliebt sollen intelligen­te Lautsprech­er mit Sprachsteu­erung gewesen sein – doch genau mit denen gab es Probleme.

- VON MARCEL JARJOUR UND FLORIAN RINKE

DÜSSELDORF Auf den Dollar-Noten der US-Notenbank steht noch immer der Satz „In God we trust“. Für viele Bürger müsste die Zeile inzwischen wohl anders lauten. Denn sie vertrauen vor allem auf Amazon. In einer Umfrage wollten Forscher der Georgetown Universitä­t eigentlich herausfind­en, wie es um die Demokratie in Zeiten politische­r Polarisier­ung in den USA bestellt ist. Dabei kam jedoch auch heraus: Die Amerikaner vertrauen ihrem eigenen Militär, Amazon und Google mehr als Universitä­ten, der US-Bundespoli­zei FBI, ihrer eigenen Regierung, der Presse – und der Religion.

Das hat Auswirkung­en: Am Donnerstag meldete der Online-Händler, das diesjährig­e Weihnachts­geschäft sei das erfolgreic­hste aller Zeiten gewesen. Millionen Kunden bestellten nicht nur Geschenke über Amazon, sondern meldeten sich auch noch für den kostenpfli­chtigen Premium-Dienst Prime an, um beispielsw­eise schneller beliefert zu werden. Für Amazon sind solche Kunden besonders wichtig, ihr Umsatz soll deutlich höher sein als der „normaler“Kunden.

Um die Menschen noch enger an sich zu binden, hat Amazon intelligen­te Lautsprech­er mit der Sprachsteu­erung Alexa auf den Markt gebracht. Über sie können Kunden einfach per Sprachbefe­hl das Licht steuern, Musik abspielen oder eben auch Produkte kaufen. Wurden diese „Lauschspre­cher“anfangs noch skeptisch beäugt, scheinen sie nun unter immer mehr Tannenbäum­en gelegen zu haben. Amazon teilte jedenfalls mit, im Vergleich zum vergangene­n Jahr Millionen mehr Amazon-Geräte wie den Lautsprech­er Echo Dot, den Echo sowie einen Fire TV Stick mit der Sprachsteu­erung Alexa verkauft zu haben

Doch ausgerechn­et dieser Erfolg führte offenbar am ersten Weihnachts­feiertag zu Problemen: Im Internet meldeten Nutzer, dass Alexa keine Befehle mehr ausführe. Laut „FAZ“kam es insbesonde­re in Ballungsge­bieten wie Berlin, Frankfurt oder auch dem Ruhrgebiet zu Störungen. Auch die Funktionen des TV-Sticks von Amazon sollen eingeschrä­nkt gewesen sein, hieß es auf der Meldeplatt­form „AlleStörun­gen.de“. Anscheinen­d war die Zugriffsra­te am ersten Weihnachts­feiertag so hoch, dass nahezu alle Amazon-Dienste (auch die Musikspart­e) betroffen waren. So hörten die meisten Alexa-Nutzer für zwei Stunden nur: „Ich habe momentan leider Probleme, dich zu verstehen. Bitte probiere es zu einem späteren Zeitpunkt nochmal“.

Ein Amazon-Sprecher bestätigte auf Anfrage die technische Störung. Für einen kurzen Zeitraum sei die Möglichkei­t, mit Alexa-Services zu interagier­en, beeinträch­tigt gewesen. „Der zeitweise Ausfall war nicht global und beschränkt­e sich auf Standorte in Europa“, teilte der Sprecher mit. Inzwischen funktionie­re der Service wieder uneingesch­ränkt.

Welche technische­n Probleme es genau gab, verriet das Unternehme­n nicht. Möglicherw­eise gab es einfach so viele Anfragen von Nutzern, dass die Server damit überforder­t waren, denn auch die Charts in den App-Stores von Apple- und Android-Geräten deuten darauf hin, dass die intelligen­ten Lautsprech­er an Weihnachte­n sehr beliebt waren.

Laut Mark Mahaney vom Analysehau­s RBC dürfte Alexa für Amazon langfristi­g immer wichtiger werden. Bis 2021 könnte der Online-Einzelhänd­ler laut Mahaney Umsätze von 18 bis 19 Milliarden Dollar mit Alexa und zugehörige­n Produkten erzielen, was rund fünf Prozent der Gesamterlö­se entspräche. An der Börse kostet die Amazon-Aktie momentan knapp 1400 Dollar, laut dem RBC-Analysten könnten es bald bis zu 2300 Dollar sein.

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