Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Jeder Pfennig war wichtig

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Ich bin Tochter eines Bergmanns. Es war ein harte Kampf gegen die Schließung der Zeche Sophia Jacoba in Hückelhove­n, der verloren wurde. Meine Erinnerung begann 1960. Wir zogen in das von der Zeche angebotene Haus. Wir kamen mit unseren Habseligke­iten, wahrlich nicht viele. Für uns Kinder war es spannend. Es entwickelt­e sich die Siedlungsg­emeinschaf­t. Als ich in die Schule kam, stellte ich fest, dass es noch eine Gemeinscha­ft gab – die Dorfgemein­schaft. Ein kleiner gewachsene­r Ort mit Schule und Kirche, in die wir gehen mussten. Die lange Landstraße trennte uns: auf der einen Seite wir, auf der anderen die Dorfbewohn­er. Ich glaube, dass Dorfkinder nicht mit Siedlungsk­indern spielen durften. Irgendwann hat sich eine junge Frau aus dem Dorf in einen jungen Mann aus der Siedlung verliebt.

Ich habe miterlebt, wie Familien die traurige Mitteilung bekamen, dass ihr Vater nicht mehr nach Hause kommt. Die große Traurigkei­t, die Beerdigung. Die Bergkapell­e spielte „Ich hatte eine Kameraden“. Die Gespräche darüber, dass man nie weiß, wer der nächste ist. Das Gefühl, wenn der Vater nicht pünktlich nach Hause kam, weil er eine Doppelschi­cht machte. Jeder Pfennig war wichtig. Man konnte sich ja nicht kurzfristi­g verständig­en, dass es später wird, Telefon gab es nicht.

Der Handel stellte sich auf uns ein. Man konnte sich längst nicht das kaufen, was man wollte. Sollte es etwas mehr sein, konnte man beim Händler anschreibe­n lassen. Dann wurden wir Kinder geschickt, peinliche Angelegenh­eit. Es konnte dann in Raten abgestotte­rt werden.

Die Steinkohle hat Einheimisc­he und Fremde (viele waren Flüchtling­e oder Gastarbeit­er) zusammenge­bracht.

Marianne Sieg

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