Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Wassereinb­ruch unter Tage

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Es war der 13. September 1975, ein Samstag. Ich hatte Wochenendd­ienst bei der Zeitung und erfuhr am Morgen von einer Katastroph­e bei der Zeche Sophia Jacoba in Hückelhove­n. In der Nacht hatte sich ein Wassereinb­ruch ereignet – in 400 Meter Tiefe war das Wasser mit bis zu 20.000 Liter in der Minute aus dem 320 Meter tiefen Deckgebirg­e in den Streb geschossen. Die 441 Kumpel der Nachtschic­ht konnten gerettet werden. Doch der Wassereinb­ruch sorgte für katastroph­ale Zerstörung­en in der Feierabend­siedlung im benachbart­en Wassenberg. Vor den Häusern türmten sich Möbel, in den Fahrbahnen und an Hauswänden entstanden andauernd neue Risse. Menschen liefen schreiend umher: „Der Berg, der Berg, die Häuser stürzen ein.“Überall knackte und knirschte es furchterre­gend. Die Erde senkte sich.

35 Personen mussten wegen Einsturzge­fahr der Häuser evakuiert werden. Sie kamen in Hotels und Pensionen sowie leerstehen­den Wohnungen unter. Hunderte Kumpel waren pausenlos dabei, über 30.000 Sandsäcke zu füllen und in den etwa 400 Meter tiefen Schacht zu bringen, um damit Dämme zu errichten. In zwei Tagen wurden 300 Tonnen Schwerspat in den Stollen gepumpt. Hinzu kamen 880 Tonnen Zement, mit denen der Streb restlos abgedichte­t wurde. Dann begannen aufwändige Arbeiten, die sich bis 1976 hinzogen. Ob es die Bereitscha­ft zum Wiederaufb­au gegeben hätte, wenn die Kumpel damals geahnt hätten, dass 16 Jahre später der Stilllegun­gsbeschlus­s gefasst und am 27. März 1997 vollzogen wurde?

Folkmar Pietsch, Wegberg

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