Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Angeworben in Flensburg
Was macht ein Abiturient 1952, kein Geld hat, um zu studieren? Er sucht erst einmal eine Arbeit. Auf dem Arbeitsamt in Flensburg trifft er auf eine Bergwerkskommission. Er solle an die Hibernia AG in Herne schreiben und sich bewerben, die Hinfahrt ins Ruhrgebiet werde bezahlt. So begann mein Weg ins Bergwerk. Kurze Zeit später schrieb ich in mein Tagebuch: Zeche Gottfried Wilhelm! Es ist geschafft. Die Behandlung bei den Untersuchungen war entwürdigend. 40 nackte Männer auf einem Haufen. Und das nach im D-Zug durchwachter Nacht. Stundenlanges Warten in verqualmten Räumen. Alle todmüde. Aber das zugewiesene Zimmer ist nett und sauber. In der Kantine gibt es alles, daher gilt es, die Moneten zusammenzuhalten. Einen Lederhelm erhielt ich im Magazin, er kostete mich 3,50 Mark. In der Kaue zieht man sich das Arbeitszeug an und hängt das andere auf einen Haken, der bis unter die Decke gezogen wird. Am Förderkorb wird man seine Fahrtmarke los. Der Korb ist dreistöckig und fasst 48 Mann. Wie Heringe stehen die Kumpels da drin.
Nach der Schicht wurde der Werkstudent manchmal eingeladen zu einem Bier. Das gab es in kleinen Gläsern zu 0,1 Liter, dazu immer einen Schnaps. Unter den Kumpeln fühlte ich mich wohl und der tiefe Einblick in ihre Arbeitswelt war für immer prägend.
Christian Holland, Emmerich