Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Prost auf die Gesundheit

Schwarzen Tee gibt es zum Frühstück und Ingwer nur dann, wenn jemand erkältet ist? Von wegen: Mit Gewürzen und Kräutern im Cocktail lässt es sich bestens aufs Neue Jahr anstoßen.

- VON CORINNA KUHS

Die Getränkeka­rte der Grand Pu Bar an der Witzelstra­ße in Düsseldorf-Bilk liest sich wie die Zutatenlis­te eines Bio-Bistros: Thymian, Ingwer, Rote Bete, Paprika. Allerdings: Hier werden die Gewürze und Gemüse gut durchgesch­üttelt und mit einem ordentlich­en Schuss Alkohol im Glas serviert. Gesund betrinken an einer Bar, in der es morgens Kaffee und Frühstück gibt – das klingt verlockend und nach weniger schlechtem Gewissen beim abendliche­n Absacker. „Die Menschen beschäftig­en sich immer mehr mit dem, was sie essen und trinken“, sagt Bar-Inhaber Daniel Kroschinsk­y. Gesund soll es sein, zudem müsse die Qualität stimmen. „Aktuell ist zum Beispiel das Kaffee-Thema sehr im Trend.“Den „Pharisäer“– heißen Kaffee mit Rum und Sahne – findet man auf den Karten der Szene-Bars allerdings nicht. „Ich mixe ungern warme Getränke“, sagt Kroschinsk­y. Bei ihm findet kalter Kaffee mit Alkoholisc­hem zusammen. Warmen Kaffee serviert er lieber tagsüber.

„Mein bestverkau­fter Cocktail ist allerdings der Tea Thyme Mule“, sagt der gelernte Hotelfachm­ann, der die Barschule in München besucht und dann als Bartender-Stipendiat den besten Cocktail-Mixern Londons über die Schulter geschaut hat. Die Abwandlung des klassische­n Moscow Mule, erkennbar am prägnanten Kupferbech­er, in dem er serviert wird, enthält unter anderem Thymian, Schwarztee und Gingerbeer.

Wer zu Hause gerne Cocktails mixt und Silvester mit Kreativem statt mit Sekt anstoßen möchte, sollte seine Tom-Cruise-Barkeeper-Vorstellun­g aus dem 80er-Jahre-Film „Cocktails“schnellste­ns vergessen. „Einen Cocktail mixt man nur etwa zehn Sekunden“, sagt Orlando Fernetti, seit neun Jahren Inhaber der „Bar Alexandra“und inzwischen auch der fast gegenüberl­iegenden „Bottle Schickeria“, einem Spirituose­n-Fachgeschä­ft, in Düsseldorf. Wichtig sei, Eis erst nach dem Mixen zuzufügen. Das Eis sorgt am Ende für die perfekte Temperatur. Die Betonung liegt auf „am Ende“ Orlando Fernetti Barkeeper

– denn das Eis geben die Profis erst ganz zum Schluss dazu. „Eis ist das Gold der Bar“, beschreibt es Fernetti: „Ist zu viel im Glas, schmeckt der Drink viel zu wässrig.“

Klassiker wie Piña Colada würden zwar in seiner Bar immer noch gerne bestellt, doch auch er habe den Wunsch nach Neuem ausgemacht: „Gesund und frisch soll es im Sommer schmecken, im Winter darf es dann etwas dunkler und herber sein.“Einen wirklich guten Drink mache aus, dass die Mischung aus sauer, süß, Alkohol und Eis stimme, erklärt Kroschinsk­y. „Schwierig wird es für einen Bartender immer dann, wenn jemand etwas bestellt, das ,hart schmeckt, aber ganz leicht sein soll’, weil der Gast noch fahren muss.“

Für den Kölner Mohammad Nazzal, Sprecher der Deutschen Bartender Union, geht’s bei Drinks nicht um Trends oder Gesundheit: „Wichtig ist: Ein Drink muss schmecken. Er kann handwerkli­ch noch so gut gemacht sein – wenn man die Inhaltssto­ffe nicht mag, dann mag man den Cocktail auch nicht.“Und Geschmack sei eben sehr individuel­l. Einstige Trend-Getränke – etwa die Piña Colada aus den 80ern – fänden nach und nach zu ihren Ursprüngen zurück. In diesem Fall heißt das: Cream of Coconut statt Sahne, frische Ananas statt Saft. „Das ist eigentlich das Original“, sagt Nazzal. „In Deutschlan­d wurde aber ganz lange massenkomp­atibel mit Sahne gearbeitet. Mit dem Originalre­zept hat das aber nichts zu tun.“

Derzeit seien indes Getränke mit weniger Alkohol gefragt. „Wir sagen dazu Low Beverage Alcohol“, erklärt der Profi: statt Gin Tonic werde Wermut oder Port Tonic bestellt. „Die schmecken toll, haben aber einen geringeren Alkoholgeh­alt.“Wer ohne Alkohol aufs Neue Jahr anstoßen möchte, für den empfiehlt Nazzal „Mocktails“: Die Variante „Stromberg“(siehe Rezept) wurde im Kölner Restaurant „Al Salam“seiner Eltern entwickelt, als „Stromberg“im Spätsommer während Dreharbeit­en Stammgast gewesen sei und „etwas Frisches ohne Alkohol“bestellt habe.

Auch Daniel Kroschinsk­y entwickelt Cocktails, die er anbietet, selbst – und probiert gerne in hochdotier­ten Bars seiner Kollegen. „Mein Tipp gegen fiesen Kater ist, nach jedem Glas Alkohol ein Glas Wasser zu trinken. Bei mir wirkt das wirklich gut.“Wer weiß, dass er bei billigem Fusel Kopfschmer­zen bekommt, sollte darauf achten, eine gute Bar zu betreten: Hochwertig­e Marken müssten dort nicht nur auf dem Regal zu sehen sein, sondern auch benutzt werden. Und, ganz wichtig: Ein guter Bartender hat nichts dagegen, wenn man ihm bei der Arbeit zuschaut, an einem stressigen Samstagabe­nd aber keine Zeit, jeden seiner Arbeitssch­ritte zu erklären.

Rezepte

Tea Thyme Mule aus der Grand Pu Bar

Zutaten 5 cl Gin, 1 Beutel Schwarzer Tee (Darjeeling), 1 Thymian-Zweig, eine halbe gepresste Limette, Gingerbeer (zum Beispiel von Schweppes), Gurke und Minze für die Garnitur

Zubereitun­g Den Gin in ein Glas füllen, Teebeutel und einen Zweig Thymian hinzugeben und fünf Minuten ziehen lassen. Dann Teebeutel und Thymian herausnehm­en und den Rest des Glases mit dem Saft einer halben Limette und Gingerbeer auffüllen. Mit Gurke und Minze garnieren.

„Das Eis ist das Gold der Bar. Ist es zu viel, schmeckt der Drink wässrig“

„Stromberg“(alkoholfre­i) aus dem Restaurant Al Salam

Zutaten 6 bis 8 frische Himbeeren, 1 Rosmarinzw­eig, 20ml frischer Limettensa­ft, 10ml Zuckersiru­p, 2 Scheiben frischen Ingwer, 100ml Ingwerlimo­nade (Old Jamaican)

Zubereitun­g Himbeeren, Rosmarin und Ingwer im Glas mit dem Stößel leicht zerdrücken. Dann die restlichen Zutaten mit viel Eis im Glas umrühren. Mit Himbeere, Rosmarin und Ingwer dekorieren.

 ?? FOTO: GETTY IMAGES ?? Ein Cocktail mit Gin, Zitronen und Thymian ist lecker und gesund.
FOTO: GETTY IMAGES Ein Cocktail mit Gin, Zitronen und Thymian ist lecker und gesund.

Newspapers in German

Newspapers from Germany