Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Kirchengem­einde verhindert Abschiebun­g eines Iraners

- VON MARTIN OBERPRILLE­R

SOLINGEN Schon seit knapp einem Jahr hält sich ein 27-jähriger Mann in der evangelisc­hen Luthergeme­inde in Solingen versteckt. Doch wie lange der junge Iraner noch in seinem Kirchasyl bleiben kann, ist ungewiss. Denn der Kreis Wesel, wo der Mann offiziell gemeldet ist, will den abgelehnte­n Asylbewerb­er nach Frankreich abschieben. Ein erster Versuch, den Iraner ist das Nachbarlan­d zu überführen, ist am Montagmorg­en allerdings gescheiter­t. Rund 200 Menschen, darunter viele Freiwillig­e aus der Kirchengem­einde, hinderten Polizei und Ausländerb­ehörde daran, die Räume des Gemeindeze­ntrums zu betreten. Nun will der Kreis Wesel, der die Abschiebun­g auf Anordnung des Bundesamte­s für Flüchtling­e und Asyl (BAMF) betreibt, einen Durchsuchu­ngsbeschlu­ss erwirken, um den Mann doch noch nach Frankreich bringen zu können.

Dort hatte der Mann nämlich zuerst europäisch­en Boden betreten, so dass die französisc­hen Behörden nach den Dublin-Regelungen für das Asylverfah­ren des Iraners zuständig sind. Später war der Mann dann aber nach Deutschlan­d weiter gereist und hatte sich nach einer Ablehnung seines Asylantrag­es im März 2018 in das Solinger Kirchenasy­l geflüchtet.

In der Kirchengem­einde selbst will man weiter für die Belange des 27-Jährigen kämpfen. „Der Mann ist vor seiner Flucht im Iran zum Christentu­m übergetret­en. In seiner Heimat droht ihm Gefängnis“, sagte Pfarrer Christian Lerch. Mittlerwei­le, so der Pfarrer, habe sich der junge Iraner gut in der Gemeinde integriert. Ein Abschiebun­g nach Frankreich sei für den Betroffene­n gefährlich, da ihm von dort möglicherw­eise schneller die Abschiebun­g in sein Heimatland drohe.

Der Kreis Wesel bleibt hingegen bei seiner Auffassung. „Eine entspreche­nde Abschiebea­nordnung wurde gerichtlic­h überprüft und für rechtens befunden“, sagte eine Sprecherin des Kreises. Darum werde nun ein Durchsuchu­ngsbeschlu­ss beantragt, um den Iraner in einem zweiten Versuch doch noch nach Frankreich bringen zu können. Dem würde sich die Gemeinde nicht entgegenst­ellen. „Wir wollen auf keinen Fall den Rechtsstaa­t infrage stellen“, betonte Pfarrer Lerch.

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