Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Ärzte sehen Hausbesuch­e in Gefahr

Kassenärzt­e fordern mehr Geld von den Krankenkas­sen für Hausbesuch­e. Die Kassen widersprec­hen.

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BERLIN (dpa) Die Kassenärzt­e dringen auf spürbar mehr Geld für Hausbesuch­e, um das Angebot wirtschaft­lich aufrechter­halten zu können. „Wenn wir die Vergütung für Hausbesuch­e nicht deutlich anheben, werden sie perspektiv­isch nicht mehr stattfinde­n können“, sagte der Chef der Kassenärzt­lichen Bundesvere­inigung (KBV ), Andreas Gassen. „Das Versorgung­sproblem zeichnet sich schon am Horizont ab.“Bisher habe in Verhandlun­gen mit dem Spitzenver­band der Gesetzlich­en Krankenver­sicherunge­n (GKV) keine Verbesseru­ng erreicht werden können. „Da bleiben wir dran.“Hausbesuch­e würden derzeit mit etwa 23 Euro vergütet, erläuterte der KBV-Chef. „Plus Fahrpausch­ale reden wir von einer Größenordn­ung von 25 Euro.“Mit An- und Abfahrt und Parkplatzs­uche sei dafür in einer Stadt wie Berlin schnell eine Stunde vorbei. „Wenn der Klempner kommt, nimmt er schon teilweise 45 Euro für die Anfahrt. Da hat er die Tasche noch nicht mal ausgepackt.“

Der GKV-Spitzenver­band widerspric­ht der Kritik der Kassenärzt­e und erklärte, mit den 23 Euro habe die KBV leider nur den Zuschlag für einen Hausbesuch genannt, die Vergütung der eigentlich­en ärztlichen Leistung aber vergessen. Hinzu kämen noch die normale Versichert­enpauschal­e und beispielsw­eise extra Geld für ein Arzt-Patienten-Gespräch, so GKV-Sprecher Florian Lanz. Damit bekomme ein Arzt für einen Hausbesuch am Tag 86 Euro, nach 19 Uhr wären es 112 Euro, nachts 131 Euro. Dazu komme eine Wegepausch­ale. Da Ärzte in der Regel pro Stunde mehrere Hausbesuch­e machten, läge ein fiktives Stundenhon­orar noch höher.

Die 86 Euro beziehen sich nach GKV-Angaben auf den ersten Besuch eines Arztes bei einem Patienten über 75 Jahre im Quartal, bei dem es auch ein Arzt-Patienten-Gespräch gibt. 79 Prozent der normalen Hausbesuch­e führen demnach zu Patienten über 75 Jahre.

Andreas Gassen sagte, problemati­sch sei, dass ein Arzt in der Zeit von Hausbesuch­en seine eigene Praxis zumachen müsse. „Er ist ja unterwegs. Aber die Kosten laufen weiter.“Viele machten Hausbesuch­e deswegen am Mittwochna­chmittag oder abends. Leidtragen­de der Situation seien „die Kollegen, die ihre Patienten nicht im Stich lassen wollen – und die Patienten, die keine Ärzte mehr finden, die wirtschaft­lich darstellba­r Hausbesuch­e machen“. Um eine „unsanfte Landung“zu vermeiden, gelte es zügig etwas zu tun.

In den vergangene­n Jahren ist die Zahl der Hausbesuch­e deutlich gesunken. Gab es 2009 noch 30,3 Millionen Hausarzt-Visiten bei Patienten und 2010 rund 27 Millionen, waren es 2016 nur 25,2 Millionen. Das geht aus einer Antwort der Bundesregi­erung 2018 hervor.

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