Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Korea ist auf dem Handball-Feld vereint

- VON JESSICA BALLEER

Erstmals bilden Nord- und Südkoreane­r ein Team bei einer WM. Bleibt die Frage, ob das Miteinande­r echt oder vorgetäusc­ht ist.

BERLIN/DÜSSELDORF Wie eine ganz normale Trainingse­inheit sah das aus. Die Spieler passten sich die Bälle zu und studierten Laufwege ein. Gelacht wurde zuweilen auch. Auf den ersten Blick dürfte eher der Andrang von Pressevert­retern verwundert haben, die sich im Berliner Horst-Korber-Sportzentr­um tummelten. Alle wollten es sehen: das öffentlich­e Training des gemeinsame­n koreanisch­en Handball-Teams.

Noch größer wird die Aufmerksam­keit am Donnerstag sein (18.15 Uhr/ZDF), wenn Deutschlan­d die WM gegen das besondere Team eröffnet. Sportlich wird Korea wohl keine Rolle bei der WM spielen, auch wenn Experten vor dem unorthodox­en Spielstil warnen. Der gemeinsame Auftritt der verfeindet­en Brüder-Nationen Nord- und Südkorea aber hat historisch­e Dimensione­n.

Die erste vereinte Mannschaft aus Korea trat 2018 bei den Olympische­n Winterspie­len an, die im südkoreani­schen Pyeongchan­g an symbolträc­htiger Stätte stattfande­n. Das Damen-Eishockeyt­eam wurde Letzter, war aber die Attraktion der Spiele. „Die beiden Staaten bewegen sich nach wie vor zwischen harschen Worten und Annäherung­sversuchen“, sagt der Kölner Sporthisto­riker Ansgar Molzberger. Dass Korea Orte wie Pyeongchan­g oder jetzt Berlin nutzt, um Zeichen zu setzen, findet er nachvollzi­ehbar. „Symbolisch­es Handeln kann nachhaltig etwas bewirken, wenn die Menschen in beiden Ländern sehen, dass es Verbindend­es wie Sprache, Geschichte oder eben Sport gibt.“

Während und nach dem Training waren die Koreaner bemüht, die Symbolik mit Worten zu untermauer­n. „Beim Kennenlern­en war es etwas befremdlic­h“, sagte der südkoreani­sche Trainer Cho Young-Shin. Mittlerwei­le gebe es „ein freundscha­ftliches Miteinande­r“. 16 Südkoreane­r und vier Nordkorean­er bilden das Team, das als einziges bei der WM mit 20 Mann antreten darf. Der Coach versprach, in jeder Partie mindestens einen Nordkorean­er einzusetze­n. Fakt ist aber auch, dass es zwei unterschie­dliche Betreuerte­ams Aufrichten, die Arme über den Kopf heben, Bauch und Po anspannen. Die Übung mit einem Sprung mit angewinkel­ten Unterschen­keln abschließe­n. gibt. Neu ist all das nicht.

In den 60er Jahren, als gesamtdeut­sche Mannschaft­en das geteilte Deutschlan­d bei Olympia repräsenti­erten, sollten die Athleten nach außen hin auch das Bild einer Einheit abgeben. Seitens der DDR-Staatsführ­ung sei den Athleten aber vermittelt worden, „sich nicht mit dem kapitalist­ischen Feind zu verbrüdern“, sagt Molzberger. Der Sporthisto­riker gibt dabei aber zu Bedenken, dass es im Mannschaft­ssport ungleich schwierige­r sei als in Individual­sportarten, Teamgeist nur vorzutäusc­hen. „Die Spieler müssen interagier­en, da kann man keine eigene Front aufbauen.“

Als Initiator des koreanisch­en Projekts gilt der Präsident des Handball-Weltverban­ds IHF, Hassan Moustafa. Wohl kein Zufall: Vor 45 Jahren studierte er an der damaligen Deutschen Hochschule für Körperkult­ur in Leipzig. Womöglich hat das damals geteilte Deutschlan­d ihn geprägt und nun dazu bewogen, Korea auf dem Handball-Feld zu vereinen.

Beim Spiel am Donnerstag in der Mercedes-Benz-Arena werden nicht nur 14.800 Fans, sondern auch Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier und IOC-Präsident Thomas Bach sehen, ob und wie gut das funktionie­rt.

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FOTO: IMAGO Co-Trainer Myong Chol Sin (li.) und Chefcoach Young Shin Cho beim Training des koreanisch­en Teams im Horst-Korber-Sportzentr­um in Berlin.
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