Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Korea ist auf dem Handball-Feld vereint
Erstmals bilden Nord- und Südkoreaner ein Team bei einer WM. Bleibt die Frage, ob das Miteinander echt oder vorgetäuscht ist.
BERLIN/DÜSSELDORF Wie eine ganz normale Trainingseinheit sah das aus. Die Spieler passten sich die Bälle zu und studierten Laufwege ein. Gelacht wurde zuweilen auch. Auf den ersten Blick dürfte eher der Andrang von Pressevertretern verwundert haben, die sich im Berliner Horst-Korber-Sportzentrum tummelten. Alle wollten es sehen: das öffentliche Training des gemeinsamen koreanischen Handball-Teams.
Noch größer wird die Aufmerksamkeit am Donnerstag sein (18.15 Uhr/ZDF), wenn Deutschland die WM gegen das besondere Team eröffnet. Sportlich wird Korea wohl keine Rolle bei der WM spielen, auch wenn Experten vor dem unorthodoxen Spielstil warnen. Der gemeinsame Auftritt der verfeindeten Brüder-Nationen Nord- und Südkorea aber hat historische Dimensionen.
Die erste vereinte Mannschaft aus Korea trat 2018 bei den Olympischen Winterspielen an, die im südkoreanischen Pyeongchang an symbolträchtiger Stätte stattfanden. Das Damen-Eishockeyteam wurde Letzter, war aber die Attraktion der Spiele. „Die beiden Staaten bewegen sich nach wie vor zwischen harschen Worten und Annäherungsversuchen“, sagt der Kölner Sporthistoriker Ansgar Molzberger. Dass Korea Orte wie Pyeongchang oder jetzt Berlin nutzt, um Zeichen zu setzen, findet er nachvollziehbar. „Symbolisches Handeln kann nachhaltig etwas bewirken, wenn die Menschen in beiden Ländern sehen, dass es Verbindendes wie Sprache, Geschichte oder eben Sport gibt.“
Während und nach dem Training waren die Koreaner bemüht, die Symbolik mit Worten zu untermauern. „Beim Kennenlernen war es etwas befremdlich“, sagte der südkoreanische Trainer Cho Young-Shin. Mittlerweile gebe es „ein freundschaftliches Miteinander“. 16 Südkoreaner und vier Nordkoreaner bilden das Team, das als einziges bei der WM mit 20 Mann antreten darf. Der Coach versprach, in jeder Partie mindestens einen Nordkoreaner einzusetzen. Fakt ist aber auch, dass es zwei unterschiedliche Betreuerteams Aufrichten, die Arme über den Kopf heben, Bauch und Po anspannen. Die Übung mit einem Sprung mit angewinkelten Unterschenkeln abschließen. gibt. Neu ist all das nicht.
In den 60er Jahren, als gesamtdeutsche Mannschaften das geteilte Deutschland bei Olympia repräsentierten, sollten die Athleten nach außen hin auch das Bild einer Einheit abgeben. Seitens der DDR-Staatsführung sei den Athleten aber vermittelt worden, „sich nicht mit dem kapitalistischen Feind zu verbrüdern“, sagt Molzberger. Der Sporthistoriker gibt dabei aber zu Bedenken, dass es im Mannschaftssport ungleich schwieriger sei als in Individualsportarten, Teamgeist nur vorzutäuschen. „Die Spieler müssen interagieren, da kann man keine eigene Front aufbauen.“
Als Initiator des koreanischen Projekts gilt der Präsident des Handball-Weltverbands IHF, Hassan Moustafa. Wohl kein Zufall: Vor 45 Jahren studierte er an der damaligen Deutschen Hochschule für Körperkultur in Leipzig. Womöglich hat das damals geteilte Deutschland ihn geprägt und nun dazu bewogen, Korea auf dem Handball-Feld zu vereinen.
Beim Spiel am Donnerstag in der Mercedes-Benz-Arena werden nicht nur 14.800 Fans, sondern auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und IOC-Präsident Thomas Bach sehen, ob und wie gut das funktioniert.