Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Altmaier muss Wachstumsprognose senken
Die deutsche Wirtschaft wird in diesem Jahr voraussichtlich nur noch um rund 1,4 Prozent wachsen. Geringere Industrieproduktion und Exporte zeigen die konjunkturelle Abschwächung an.
BERLIN Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) muss sich derzeit viel Kritik gefallen lassen. Er mache aus seinem Amt zu wenig, setze zu sehr auf staatliche Eingriffe statt auf die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und steuere die Energiewende nicht, lautet die Kritik aus Wirtschaftsverbänden. Und nun verdüstern sich auch noch die wirtschaftlichen Aussichten: Altmaier wird Ende Januar eine deutlich reduzierte neue Regierungsprognose vorlegen müssen. Im Jahreswirtschaftsbericht für das gerade begonnene neue Jahr wird der Minister Konjunkturrisiken einräumen müssen, die den seit zehn Jahren andauernden Aufschwung im schlimmsten Fall jäh beenden könnten. Hinzu kommt: Altmaier liegt mit Finanzminister Olaf Scholz (SPD) in vielen Fragen über Kreuz. Auch das macht das Regieren nicht einfacher.
Zeichen der schwächer werdenden Konjunktur häuften sich in dieser Woche. Die deutsche Industrie drosselte ihre Produktion im November zum dritten Mal in Folge und so stark wie seit Juli nicht mehr, wie am Dienstag bekannt wurde. Zudem gingen die Exporte im November stärker zurück als von Ökonomen erwartet. Sie befürchten, dass die deutsche Wirtschaftsleistung auch im vierten Quartal 2018 geschrumpft sein könnte. Da dies schon im dritten Vierteljahr der Fall war, könnte Deutschland bereits in eine technische Rezession gerutscht sein. Die sehen Ökonomen dann erreicht, wenn die Wirtschaftsleistung die erratische Handelspolitik des US-Präsidenten trüben die Stimmung in der exportorientierten Wirtschaft und an den europäischen Börsen. Hausgemacht ist die Dieselkrise der Autohersteller, die Industrie und Regierung einfach nicht in den Griff bekommen. Bisher war man davon ausgegangen, dass die Autoindustrie die Umstellung auf das neue Abgastestverfahren WLTP im Sommer bewältigen würde, doch die Kfz-Produktion hat sich noch nicht wieder spürbar verbessert.
Die sich verschlechternde Lage belastet das ohnehin schwierige Verhältnis der beiden für die Finanzund Wirtschaftspolitik maßgeblichen Minister: Am Wochenende hat Finanzminister Scholz ein Interview gegeben, in dem er der Bevölkerung erklärte, die „fetten Jahre“bei den Steuereinnahmen seien jetzt vorbei. Aus Sicht Altmaiers machte Scholz auch die Konjunktur völlig unnötig schlecht. „Ich als Wirtschaftsminister sehe meine Rolle darin, die Strimmung nicht schlechtzureden und kaputtzureden“, sagte Altmaier am Dienstag.
Statt in fremden Gewässern zu fischen, solle Scholz lieber helfen, den Aufschwung zu stützen, ist aus Altmaiers Haus zu hören. So warte die Unionsseite seit sechs Monaten auf einen Gesetzentwurf von Scholz zur steuerlichen Forschungsförderung in den Unternehmen. Zudem blockiere der Finanzminister wichtige Vorhaben zum Bürokratieabbau, etwa die Verkürzung der Aufbewahrungsfristen für Firmenunterlagen. Die komplette Abschaffung des Soli, von Altmaier gefordert, will Scholz zudem unbedingt verhindern.