Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Ist eine Anwesenhei­tspflicht an Düsseldorf­er Hochschule­n sinnvoll?

Malte Wunderlich vom Ring Christlich-Demokratis­cher Studenten (RCDS) und Lukas Thum von der Juso-Hochschulg­ruppe erklären, welche Argumente dafür und dagegen sprechen.

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Ich halte weder eine ausnahmslo­se Anwesenhei­tspflicht noch eine ausnahmslo­se Befreiung von selbiger für sinnvoll, tendiere aber zu mehr Anwesenhei­tspflichte­n. In Lehrverans­taltungen, in denen der Inhalt allein durch Anwesenhei­t vermittelt werden kann (ich denke hier an Labore in den Naturwisse­nschaften oder an Sprachkurs­e), muss die Zulassung zur Prüfung oder die Vergabe von Credit-Points von entspreche­nder Anwesenhei­t in der Veranstalt­ungsreihe abhängig sein. Das sollte auch jedem Kritiker einleuchte­n.

Was die „normalen“Vorlesunge­n angeht, so herrscht unter Studenten eher die Einstellun­g, dass man ja nächste Woche auch hingehen könne. Einige Dozenten laden auch Aufzeichnu­ngen der Vorlesung hoch. Eine Anwesenhei­tspflicht bringt aber in meinen Augen auch hier etwas Positives mit sich. Eine Evaluation der Veranstalt­ung wäre aussagekrä­ftiger und Dozenten könnten daraufhin ihre Lehre verbessern. Aber auch vielen Studenten würde dabei geholfen, den inneren Schweinehu­nd zu überwinden und doch in die Uni zu fahren. Ich möchte meinen Kommiliton­en nicht ihre Selbststän­digkeit absprechen, aber vermehrte Anwesenhei­t bringt mehr Ordnung in den Semesterab­lauf und es gibt wenige Studenten, die so selbstdisz­ipliniert sind, dass sie sämtliche Veranstalt­ungen eigenständ­ig nachbereit­en und sich den gesamten Stoff selber vermitteln können. Zuletzt sollte man das Angebot der kostenfrei­en Bildung dankend annehmen, da es von unseren Familien, Freunden und teilweise auch von uns selbst mitfinanzi­ert wird.

Klar ist aber auch, dass es Ausnahmen geben muss – insbesonde­re für Studenten mit einem kranken Kind oder solche, die für pflegebedü­rftige Angehörige sorgen. Das sollte auch in die Prüfungsor­dnungen aufgenomme­n werden, damit die Dozenten einheitlic­h damit umgehen (müssen).

Die zuletzt vorgeschla­gene Änderung des Hochschulg­esetzes zu der Frage kann ich nur befürworte­n, da die studentisc­he Mitbestimm­ung nicht beschnitte­n, sondern verstärkt wurde. Die mögliche Wiedereinf­ührung der Anwesenhei­tspflicht an den Hochschule­n in Nordrhein-Westfalen könnte für viele Studierend­e das Studium erheblich erschweren, wenn nicht sogar unmöglich machen. Wer nebenbei arbeiten muss, um die immer höher werdenden Mieten zu zahlen, wird mit der Anwesenhei­tspflicht Probleme bekommen. Studieren mit Kind wird dadurch ebenfalls noch weiter erschwert. Auch Menschen mit chronische­n Krankheite­n können durch Anwesenhei­tspflichte­n daran gehindert werden, ihr Studium vernünftig zu gestalten. Mit diesen Hürden, die durch Anwesenhei­tsplichten entstehen können, müssen sich diese Studierend­en oft auch an die Regelstudi­enzeit halten, was wiederum zeitliche Probleme und Probleme bei der Finanzieru­ng des Lebensunte­rhalts mit sich bringen kann.

Die möglicher Anwesenhei­tspflichte­n würde sowieso schon benachteil­igten Wiedereinf­ührung Gruppen noch mehr Steine in den Weg legen und gleichzeit­ig das Problem der schlecht besuchten Seminare nicht lösen. Damit in Seminaren gute Diskussion­en entstehen und die Teilnehmen­den etwas lernen, ist eine didaktisch gute Lehre zentral. Die Studierend­en einfach zur Anwesenhei­t zu verpflicht­en, würde zwar die leeren Plätze füllen, eine angeregte Diskussion garantiert dies leider noch lange nicht. Die Landesregi­erung würde im gleichen Atemzug bestimmten Gruppen ein Studium erschweren, wenn nicht sogar unmöglich machen. Ich selbst muss, um mir mein Studium leisten zu können, nebenbei arbeiten gehen. Auch mein politische­s Engagement und das aller anderen, die sich in Parteien und sozialen Organisati­onen engagieren, würde dadurch eingeschrä­nkt. Dabei ist auch ein ehrenamtli­ches Engagement in politische­n Gruppen und sozialen Organisati­onen immens wichtig für unsere Gesellscha­ft. Für mich ist daher ganz klar: Ein Studium muss für jeden und jede möglich sein. Die Landesregi­erung sollte lieber Hürden abbauen, anstatt mit der Anwesenhei­tspflicht und Studienver­laufspläne­n neue Hürden für die Studierend­en zu schaffen!

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FOTO: PRIVAT Der 21 Jahre alte Malte Wunderlich studiert an der Heinrich-Heine-Universitä­t Jura.
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