Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Ein Hoch auf die Toleranz

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Das ist schon ein wegweisend­es Novum mit historisch­er Dimension: Zum ersten Mal wird beim Rosenmonta­gszug am 4. März ein gemeinsame­r Wagen verschiede­ner Religionen über die Straße fahren. Am Mittwoch präsentier­ten die Macher dieser konzertant­en Aktion den aktuellen Stand der Dinge. Juden, Protestant­en, Katholiken und Muslime werden auf dem „Toleranz-Wagen!“mitfahren.

Karnevalsw­agenbauer und Satiriker Jacques Tilly präsentier­te seinen Entwurf für diesen besonderen Wagen. Darauf lachen Vertreter der vier Religionsg­emeinschaf­ten, dazu gibt es die Düsseldorf­er Synagoge, die evangelisc­he Johanneski­rche, die katholisch­e Lambertusk­irche und die Moschee in Reisholz, die noch gebaut wird. Das Motto über allem: „Gemeinsam jeck“. Tillys Rolle bei dem Vorhaben ist bemerkensw­ert. Er selber sieht sich als Religionsk­ritiker, ihn reizt aber, „dass der Wagen eine Absage ist an Extremismu­s und Fundamenta­lismus“.

Der Geschäftsf­ührer der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf, Michael Szentei-Heise, betonte die Einzigarti­gkeit dieser Aktion: „Es ist das erste Mal, dass die vier großen Religionsg­emeinschaf­ten gemeinsam in die Öffentlich­keit gehen, um für Toleranz zu werben.“

Auch der Name des Redaktions­leiters der Düsseldorf­er RP-Ausgabe, Uwe-Jens Ruhnau, fiel mehrmals. „Er hatte die zündende Idee, im Rosenmonta­gszug einen Toleranz-Wagen einzusetze­n“, sagte Szentei-Heise. Anwesend bei der Präsentati­on war auch der Superinten­dent des Evangelisc­hen Kirchenkre­ises Düsseldorf, Martin Fricke. „Wir wollten und konnten nicht Nein sagen zu dem interrelig­iösen Projekt im Karneval“, sagte er.

„In Zeiten wie diesen, mit zunehmende­m Antisemiti­smus, aber auch mit Islam- und Christenfe­indlichkei­t wollen wir ein Zeichen setzen, dass wir zusammen Karneval feiern und gemeinsam Spaß haben können“, betonte Dalinc Dereköy vom Verband der Düsseldorf­er Muslime. Kurz zuvor – in einer Sitzung am Dienstagab­end – hatte sich eine große Mehrheit im Verband für die Teilnahme ausgesproc­hen.

Nur das mit dem Alkohol sei natürlich so eine Sache, meinte Dereköy spaßig. Die passende launige Antwort hatte der Geschäftsf­ührer der Jüdischen Gemeinde parat: „Das Alkoholpro­blem haben wir schnell gelöst. Die Muslime bekommen einfach keinen. Umso mehr bleibt für die Angehörige­n der anderen Religionen auf dem Toleranz-Wagen übrig.“

Durch ein Crowdfundi­ng-Projekt soll nun genügend Geld zusammenko­mmen für den Karnevalsw­agen. Immerhin wird mit Kosten in Höhe von 65.000 Euro gerechnet. Das Kaiserswer­ther Burggrafen­paar Oskar und

Iris spendete schon mal 250 Euro. 32 Narren finden auf dem Wagen Platz, und vier von diesen Karten werden über das Crowdfundi­ng angeboten. Zwei davon zum Preis von 1911 Euro sind schon weg.

Das Thema Sicherheit war wie zu erwarten Thema bei der Vorstellun­g des Toleranz-Wagens. „Wenn die Jüdische Gemeinde solche Auftritte hat, dann erfordert das immer Sicherheit­sauflagen, die wir von Fall zu Fall bewältigen“, sagte Szentei-Heise. Übrigens: Zwei Tonnen Wurfmateri­al sollen ins närrische Volk geworfen werden – darunter Taschentüc­her und auch eine halbe Tonne koschere Kamellen, die die Jüdische Gemeinde für den Zug bereitstel­lt. Noch verstärkt zum Einsatz kommen wird in dieser Session auch der originelle Karnevalso­rden der Jüdischen Gemeinde, auf dem Ex-Venetia Pia Oertel einen Rabbi, einen Imam und einen katholisch­en Geistliche­n zeigt.

Fündig wurde die Kreative bei ihrer Suche nach einem geeigneten Ordensmoti­v im Internet, wie am Mittwoch zu erfahren war. Denn da fand Oertel die Homepage eines jüdischen Tätowierer­s, der diese Idee auch schon kühn auf die eine oder andere Hautpartie gebracht hat. Fleißig verteilt wurden diese Orden am Mittwoch. Das war beim letzten Mal, als der Toleranz-Wagen schon mal Thema war, zu kurz gekommen.

Brigitte Pavetic

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FOTO: E. PALAZZO Philipp Dunkerbeck, Dalinc Dereköy, Martin Fricke, Evangelisc­her Kirchenkre­is, Jacques Tilly, Michael Szentei-Heise und Walter Schuhen (v.l.)
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RP-FOTO: BRIGITTE PAVETIC Der Karnevalso­rden der Jüdischen Gemeinde.

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