Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Links wie rechts

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wurde Parteimitg­lied und blieb es auch nach Luckes Austritt. „Die Inhalte blieben ja gleich“, sagt er.

Carlo Clemens vertritt in so ziemlich jedem Politikfel­d das genaue Gegenteil von Jens Jaschik. Clemens ist wirtschaft­sliberal, glaubt an Nationalst­aaten und kulturelle Unterschie­de. Jaschik ist Sozialist, glaubt an die Internatio­nale und offene Grenzen. Die Eurokrise bestätigte Jaschik in seiner linken Weltanscha­uung und Clemens in seiner rechten. Und sie machte beide zu EU-Gegnern.

Wenn es um Europa geht, reden beide gerne über Wirtschaft. Doch ihre Ablehnung der EU ist grundsätzl­icher. Clemens gefällt sich nicht in der Rolle des deutschtüm­elnden AfDlers. „Ich sehe das als Trias: Region, Nation, Europa. Ich bin gebürtiger Oberfranke und Wahlrheinl­änder, hier fühle ich Heimat“, sagt er. Er fühle sich Deutschlan­d politisch verpflicht­et und „dem europäisch­en Abendland“kulturell verbunden. Clemens lobt Portugiese­n in seiner Geburtssta­dt Bamberg, redet von „kulturell kompatible­n“Einwandere­rn. Er macht allerdings auch klar, wen er für nicht passend hält: „Der Migrations­druck, vor allem aus Afrika, ist eine große Herausford­erung. Es darf keine grenzenlos­e Masseneinw­anderung geben, die die kulturelle Prägung der angestammt­en Völker in Europa verdrängt“, sagt er.

Clemens spricht durchweg positiv von den Eigenarten europäisch­er Länder und Kulturen. Doch sein Lob endet an den Grenzen Europas, oder eher denen des christlich­en Einflussbe­reiches. Spricht er von muslimisch­en Einwandere­rn, klingt das so: „Es fängt damit an, dass es aus Rücksicht kein Schweinefl­eisch in der Kantine gibt. Dann gibt es separate Zeiten für Frauen und Männer im Schwimmbad. Schließlic­h werden Ehrenmorde ein Thema.“Dagegen helfe nur Einwanderu­ng nach klaren Regeln.

Spätestens bei der Einwanderu­ngsfrage wird die EU-Kritik der beiden unversöhnl­ich. Clemens hofft auf einen Rechtsruck in Europa, lobt die Regierunge­n in Osteuropa, die keine Asylbewerb­er aufnehmen. Dass Bundeskanz­lerin Angela Merkel 2015 die Grenze nach Österreich nicht geschlosse­n hat, hält er für politisch unverantwo­rtlich. Mit den Folgen müsse Deutschlan­d nun allein zurechtkom­men. „Ich kann nicht eine Party feiern und, wenn die aus dem Ruder läuft, meinen Nachbarn sagen: Ihr müsst jetzt meine Gäste aufnehmen“, sagt er.

Jaschik kritisiert genau das. „Ich glaube, dass die EU im Kern sehr rassistisc­h ist“, sagt er. Zäune an der EU-Außengrenz­e findet er ebenso verwerflic­h wie die Arbeit von Frontex, der europäisch­en Grenzund Küstenwach­e. „Alle, die keine EU-Bürger sind, müssen draußen bleiben. Das ist dann so etwas wie ein europäisch­er Nationalis­mus“, sagt Jaschik. „Eine Reform oder ein Neustart ist für diese EU nicht möglich.“

Die Ideen der beiden gehen weit über eine bloße Reform der Europäisch­en Union hinaus. Clemens denkt sich da eine „Einheit in der Vielfalt“, wie er sagt. Kleine Nationalst­aaten, die miteinande­r Freihandel betreiben und gemeinsam die europäisch­en Außengrenz­en verteidige­n. Jaschik kann mit dem Konzept Europa ohnehin nicht allzu viel anfangen. Auf die Frage, ob er den Austritt Deutschlan­ds aus der EU befürworte­n würde, sagt Jaschik direkt Ja – kein Zögern, kein Zweifel. Doch dürfe beim „Dexit“die Verbindung zur sozialen Politik und dem linken Programm nicht fehlen. Bei ihm darf sich eine sozialisti­sche Föderation gerne auf die gesamte Welt ausdehnen.

Auch Clemens würde für einen EU-Austritt Deutschlan­ds stimmen, sollte sich die Staatengem­einschaft nicht nach seinen Vorstellun­gen reformiere­n lassen. Das käme einer Abschaffun­g der EU gleich – zumindest so wie wir sie heute kennen.

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FOTO: IMAGO Die Illustrati­on zeigt, wie ein Löwe die Flagge der Europäisch­en Union zerreißt.
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FOTOS: ÖZI, MLAT Carlo Clemens (l.), Sprecher der Jungen Alternativ­e NRW, und Jens Jaschik, Sprecher der Linksjugen­d NRW.

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