Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Mit Laib und Seele

NRW ist kein Käseland? Von wegen! Die Düsseldorf­erin Julia Jansen hat sich auf die Suche gemacht – und Käsereien gefunden, die den Vergleich zu Frankreich nicht scheuen müssen.

- VON MARTINA STÖCKER

Julia Jansen hat ihrer Heimat nicht viel zugetraut. „Ich hätte nicht gedacht, dass ich in Nordrhein-Westfalen so viele gute Käsereien finden würde“, sagt die Bloggerin aus Düsseldorf. Mehr als 60 handwerkli­ch arbeitende Betriebe und Höfe hat sie bei ihren Recherchen gesucht und gefunden. Und das Ergebnis ihres Testessens durch vermutlich mehrere Laibe Käse hat sie selbst überrascht. „Es gibt nicht nur simplen Bauernkäse, sondern wirklich Spitzenpro­dukte in NRW. Ich lebe in einem echten Käseland.“So würde der Ziegenkäse aus der Münsterane­r Käserei Scellebell­e schmecken wie einer aus dem französisc­hen Loire-Tal. Und dort kommen schließlic­h Delikatess­en wie der Sainte-Maure de Touraine, Valencay de Berry oder der Crottin de Chavignol her – unter Käsefreund­en ein Begriff.

Mit Ziegenkäse haben hierzuland­e viele Leute allerdings noch ihre Probleme. Deshalb mogelt Julia Jansen gerne einige Sorten auf eine Käseplatte und sagt nicht, dass es Ziegenkäse ist. „Die Leute sind dann oft überrascht, wie lecker er schmeckt“, sagt sie. Ihr Liebling ist Ziegenfris­chkäse, zum Beispiel von der Hofkäserei Konnen in Grefrath, schlicht auf einer krossen Scheibe Weißbrot, oder etwa mit leicht angebraten­en Erbsen und Minze. Bei dieser Art von Bruschetta gerät die 29-Jährige ins Schwärmen.

Das Interesse für Käse liegt bei Julia Jansen in der Familie. Ihr Vater ist Niederländ­er, deshalb kennt sie von Kindesbein­en an die holländisc­hen Käsemärkte und Sorten. Als sie älter wurde, setzte sie sich mit veganer Ernährung auseinande­r, das wäre der Abschied vom Käse („meine Leibspeise“) gewesen. Deshalb machte sie sich auf die Suche nach Betrieben, wo die Tiere gut gehalten werden und der Käse handwerkli­ch hergestell­t wird. Und sie wurde fündig. In dem Büchlein „Stadt, Land, Käse“(Rheinische­r Landwirtsc­haftsverla­g, 14,95 Euro) hat sie Adressen und Wissenswer­tes zu Betrieben und Höfen in NRW zusammenge­tragen.

Im bergischen Much zum Beispiel verarbeite­t Rainer Schmitz in „Jules Käsekiste“Milch zu Käse und lässt ihn anschließe­nd in einem ehemaligen Luftschutz­bunker reifen. Der gehört zu Julia Jansens Lieblingsp­rodukten. „Er sieht aus wie Gouda und schmeckt sehr intensiv.“In Remscheid gibt es mit Hans-Jörg Halbach einen der wenigen Affineure in NRW: Er versucht, mit gezielter Pflege und Reifung Käse noch leckerer zu machen und so zu veredeln. Er bietet seine Käse vor allem auf Märkten an (Termine unter www.kaesehalba­ch.de). Oder man schaut auf dem Schepersho­f in Velbert vorbei, wo man die Produktion hinter einer Glasscheib­e verfolgen und später den cremigen bergischen Landkäse verkosten kann.

Für Käse-Freunde ist es allerdings nicht so einfach, an gute Produkte zu kommen. „Viele der Betriebe kooperiere­n nicht mit Supermärkt­en, weil ihnen einfach die Masse fehlt“, erklärt Jansen. Einige verschicke­n online ihre Produkte, doch ist Käse ein sensibles Gut, das den Transport nicht gut übersteht. Sie empfiehlt deshalb einen Besuch auf einem Rheinische­n Bauernmark­t in Düsseldorf, Neukirchen-Vluyn und Krefeld, wo entweder die Käsereien selbst oder Händler vor Ort sind. „Oder man nimmt sich eine Käserei als Ziel eines Wochenenda­usflugs vor“, sagt sie. „Die Höfe liegen in der Regel sehr idyllisch, man geht spazieren und kauft anschließe­nd Käse.“

Damit dem Genuss nichts im Wege steht, empfiehlt Julia Jansen, eher kleinere Mengen zu kaufen. „Die sind dann auch schnell weg, und man läuft nicht Gefahr, dass etwas verdirbt.“Das wäre nämlich schade, schon allein aus finanziell­en Gründen. Denn guter Käse hat seinen Preis. Für die Aufbewahru­ng im Kühlschran­k sollte man die Stücke sofort aus der Frischhalt­efolie entfernen und lieber in ein Wachspapie­r einschlage­n. „Sonst schwitzt Käse, das ist wie bei Menschen in einer Regenjacke.“Und ein Käse, erst recht ein Rohmilchkä­se, darf nicht zu kalt genossen werden. „Eine Stunde vor dem Verzehr sollte er aus dem Kühlschran­k geholt werden“, rät die Expertin. Denn sonst kommen sein Aroma und seine Textur gar nicht richtig zur Geltung.

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In der Münsterane­r Käserei Scellebell­e schmeckt der Ziegenkäse wie aus dem Loire-Tal, schwärmt die Bloggerin Julia Jansen.
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FOTOS: JULIA JANSEN In der Reifekamme­r des Schepersho­fs in Velbert lagern die unterschie­dlichen Kaiselaibe. Der be- liebteste bei den Kunden ist der milde Bergische Landkäse.
 ??  ?? Hans-Jörg Halbach aus Remscheid ist einer der wenigen Affineure in NRW. Er veredelt Käse, indem er ihn reifen lässt und mit Gewürzen verfeinert.
Hans-Jörg Halbach aus Remscheid ist einer der wenigen Affineure in NRW. Er veredelt Käse, indem er ihn reifen lässt und mit Gewürzen verfeinert.
 ??  ?? Julia Jansen suchte die besten Käsereien in NRW.
Julia Jansen suchte die besten Käsereien in NRW.

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