Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
„Der Brand war definitiv kein Glücksfall“
Exakt vier Wochen ist der Brand bei Bos Food an der Grünstraße her. Wie ist der Stand der Dinge? Was ist seitdem passiert? Wann wird eine neue Halle gebaut?
Es war nicht nur der größte und längste Einsatz für die Meerbuscher Feuerwehr, sondern vor allem ein Desaster für das Gastro-Unternehmen Ralf Bos: Bei einem Brand vom 14. auf 15. Dezember waren in einer Lagerhalle an der Grünstraße Delikatessen im Wert von 870.000 Euro verbrannt. Die Halle wurde dabei komplett zerstört. Ursache: ein technischer Defekt in der Wärmetauschanlage. Wie ging es danach weiter? Wie ist die Situation nach genau einem Monat? Gibt es Pläne?
Die Herausforderung für das BosTeam spielte sich am Tag nach dem Brand auf mehreren Ebenen ab: Zum einen bei der Logistik im Lager, dann in der Kommunikation mit Kunden, außerdem in der Abwicklung des Schadens, in Gesprächen mit Kripo, Feuerwehr, Gutachtern, Versicherungen oder Hygiene-Experten. Die große Frage fürs Team: Wie können wir unseren tausenden von Kunden in ganz Deutschland rechtzeitig zum Weihnachtsfest ihre bestellte Ware liefern? Denn eines wollte Ralf Bos auf gar keinen Fall: „Dass unsere Kunden woanders kaufen.“Das Ergebnis vorweg: Alle Bestellungen wurden abgewickelt, mehr als 30.000 Lieferungen versandt. Vielleicht mit einem oder zwei Tagen Verspätung, vielleicht mit nicht genau dem Liter Balsamico, sondern nur mit einem halben – aber alle zutaten fürs Weihnachtsessen erreichten die Kunden.
Also musste erst einmal Lebensmittel im Wert von zwei Millionen Euro nachbestellt werden: In der 400 Quadratmeter großen Halle hatten Waren in drei Kühlhäusern gelagert: Bei 13 Grad zum Beispiel 20 Tonnen Schokolade und Wein, aber auch 2000 Flaschen Champagner. Bei vier Grad lagerten Käse und Nüsse, bei minus 18 Grad Tiefkühlware wie Hummerschwänze oder Gänseleberpastete. Viele Produkte konnte Ralf Bos zwar nachbestellen, aber zu einem höheren Preis. Den wiederum wollte er nicht an die Kundschaft weitergeben, weil die ja zum niedrigeren Preis geordert hatte. Am Dienstag nach dem Brand war dann fast alles nachbestellt und auf dem Weg. Aber: „Plötzlich standen 40 Lkw in der Schlange vor der Halle im Heerdterbusch, und unsere Mitarbeiter mussten alle Produkte nach einem ausgeklügelten System, das es eigentlich noch gar nicht gab, einsortieren.“In der Halle wurde dann von jetzt auf gleich eine neue EDV-Anlage installiert, die die 60 Logistiker dabei unterstützen sollte. Am Heerdterbusch hatte Bos schon vorher eine Halle, konnte jetzt aber noch Fläche dazu mieten.
„Und all das haben wir geregelt, während wir an der Grünstraße unsere stärkste Verkaufswoche des Jahres hatten“, erinnert sich Bos, der im Jahr einen Umsatz von 34 Millionen Euro macht. Das heißt: Endverbraucher und Gastronomen geben sich dann die Klinke in die Hand, um fürs Fest einzukaufen und die Ware mitzunehmen. Die Selbstabholer werden vom Lager an der Grünstraße aus bedient. „In dem Lager haben wir alles aus unserem Programm, nur in kleineren Mengen“, so Bos. Heißt: Irgendwann waren diese kleineren Mengen auch erschöpft.
Neben der abgebrannten Halle steht eine weitere, 1000 Quadratmeter groß. Beide Hallen waren durch eine Brandschutzmauer getrennt, gleichwohl konnte es sein, dass einige Lebensmittel durch den starken Rauch verunreinigt worden sind. Darum kümmert sich jetzt ein Profi-Team: Auf dem Areal Böhler wurde eine weitere Halle angemietet, in der diese Lebensmittel auf Kontamination untersucht, gereinigt und schlimmstensfalls entsorgt werden. Bos: „Eigentlich wollen wir ja nicht, dass Lebensmittel weggeworfen werden, darum gucken wir, wie man eventuell noch etwas weiter verwerten kann.“Es werde aber auf gar keinen Fall irgendein Risiko eingegangen.
Bei allem Stress gab es auch emotionale Momente: Gerührt war Ralf Bos über die erste Solidaritätsbekundung, die von Sternekoch Sascha Stemberg aus Velbert kam. Der hatte über die sozialen Medien alle Kollegen aufgefordert, jetzt erst recht bei Bos zu bestellen und sich solidarisch zu erklären. Viele Gastro-Kollegen schlossen sich diesem Aufruf an. Bos: „Da hatte ich Tränen in den Augen.“
Welche finanziellen Auswirkungen hat das Feuer? Auf der einen Seite mehr Ausgaben (Überstunden der Mitarbeiter, Kurierdienste, teurere Ware), auf der anderen Seite weniger Einnahmen: „In der Summe kommen wir auf einen hohen sechsstelligen Bereich, den uns der Brand bis jetzt gekostet hat,“sagt Bos. Was die Versicherung zahlt, stehe noch nicht fest. Gleichwohl hat sie schon mal eine Abschlagszahlung geleistet, damit erste Rechnungen bezahlt werden können.
Wie geht es weiter? Bos rechnet damit, dass erst in zwei Jahren der gleiche Status wie vor dem Brand erreicht ist. Bis dahin müsse improvisiert werden – zum Beispiel bei der Kühlung von Lebensmitteln, die extrem teuer sei. Beispiel: Nur fürs Aufstellen eines 40 Fuß langen Tiefkühlcontainers wurden 3600 Euro berechnet. Mit einem Hallen-Architekten plant er gerade den Neubau einer Halle an gleicher Stelle an der Grünstraße.
Das Fazit von Ralf Bos: „Dieser Brand war definitiv kein Glücksfall für uns, sondern einfach nur überflüssig und blöd. Aber er hat uns nicht das Jahr verhagelt. Wir sind nicht so leicht aus der Bahn zu werfen.“Für ihn steht aber auch fest: „Wenn meine 200 Mitarbeiter nicht so mitgezogen hätten, hätte ich selbst nicht durchgehalten.“