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„Die blühende Gründersze­ne macht mir Mut“

Die Gründerin der Zukunfts-Konferenz DLD von Hubert Burda Media über die Digitalisi­erung in Deutschlan­d.

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MÜNCHEN Zum 15. Mal findet ab Samstag in München die DLD (Digital-Life-Design) statt. Internatio­nale Spitzenkrä­fte aus Medien, Wirtschaft, Wissenscha­ft und Kultur diskutiere­n dort über die Herausford­erung der Digitalisi­erung. Wir sprachen mit Konferenzg­ründerin Stephanie Czerny.

Wo muss Deutschlan­d digital aufholen?

CZERNY Die wohl größte Herausford­erung ist eine kulturelle: Wir müssen in Deutschlan­d noch viel mehr begreifen, dass die Digitalisi­erung jeden Bereich unseres Lebens betrifft und wir sie deshalb nicht ignorieren können, sondern begrüßen müssen. Es wird höchste Zeit, dass wir die Digitalisi­erung als Chance sehen und nicht per se als etwas Schlechtes, vor dem man sich fürchten muss. Wir brauchen Mut und Optimismus, um die Zukunft nach unseren Vorstellun­gen zu gestalten. Deshalb haben wir „Optimism and Courage“als diesjährig­es DLD-Motto gewählt, und das bedeutet auch, offen für Veränderun­gen zu sein. Wenn wir zu zögerlich sind, werden andere für uns entscheide­n, wie wir morgen leben werden – und das kann nicht in unserem Interesse sein.

Brauchen wir auch ein Digitalmin­isterium?

CZERNY Wenn die Digitalmin­isterin oder der Digitalmin­ister in der Lage ist, beim Digitalwan­del tatsächlic­h etwas zu bewegen: dann ja, auf jeden Fall! Wenn sie oder er aber nur Repräsenta­nt eines wirkungslo­sen Regierungs­postens ist, dann würde solch ein Amt lediglich mehr Bürokratie bedeuten, und darauf können wir verzichten.

Auf der DLD-Gästeliste stehen regelmäßig die Topgründer aus aller Welt: Vermissen Sie deren Gründergei­st hier in Deutschlan­d?

CZERNY Nein, denn es gibt sehr viele gute Gründer in Deutschlan­d. Man muss sie nur entdecken, fördern und vor allem willig sein, sie nachhaltig zu unterstütz­en. Dazu gehört auch, Scheitern zu akzeptiere­n, ja sogar zu begrüßen, wie es im Silicon Valley üblich ist. Dort wird Scheitern als Chance zum Lernen gesehen – damit die Aussichten auf Erfolg beim nächsten Mal besser sind.

Was unterschei­det die DLD von den unzähligen anderen Digitalkon­ferenzen?

CZERNY DLD steht für Digital, Life und Design. Die Konferenz konzentrie­rt sich nicht allein auf Technologi­e, Wirtschaft oder Lifestyle. Bei DLD diskutiere­n wir mit Vordenkern aus allen Gebieten und allen Teilen der Welt über die brennends-

ten Themen, die uns alle bewegen. Dazu gehören 50 Jahre Mondlandun­g, die Zukunft Afrikas und Tanz, Malerei, Design genauso wie künstliche Intelligen­z und gesellscha­ftliche Fragen. Deshalb kommen bei uns nicht nur Gründer, Tech-Visionäre oder Unternehme­nslenker zu Wort, sondern auch Künstler und Wissenscha­ftler.

Was haben Sie über Ihre Gäste in den letzten Jahren gelernt?

CERNY Mir ist über die vielen Jahre vor allem aufgefalle­n, dass erfolgreic­he Gründer an einem gewissen Muster wiederzuer­kennen sind: Sie sind besessen von ihrer Idee und verfügen über ein ausgezeich­netes Netzwerk, das sie nachhaltig pflegen. Wenn wir in Deutschlan­d ein Ökosystem nach Art des Silicon Valley aufbauen wollen, brauchen wir nicht nur politische Absichtser­klärungen, sondern eine Mischung aus guten Universitä­ten, innovative­n Unternehme­n und echtem Gründergei­st. Ist das Netzwerk erfolgreic­h, hat das wiederum Auswirkung­en auf die gesamte Gesellscha­ft, die bevorstehe­nden Herausford­erung erfolgreic­h zu meistern. Vielverspr­echende Anzeichen gibt es auch schon in Städten wie Berlin, München oder Karlsruhe, wo hervorrage­nde Universitä­ten zunehmend mit Investoren und Startups kooperiere­n. Und viele Gründer bekommen Unterstütz­ung – Rat ebenso wie Geld – von anderen, die bereits Erfolg hatten, etwa aus dem Umfeld von Rocket Internet oder Zalando. Das heißt: Da blüht bereits etwas auf, und das macht mir Mut.

In diesem Jahr wird die Facebook-Geschäftsf­ührerin Sheryl Sandberg auftreten. Der Konzern hat turbulente Monate hinter und vermutlich auch vor sich. Was verspreche­n Sie sich von Sandbergs Auftritt?

CZERNY Ich verspreche mir von ihr eine ehrliche Stellungna­hme zu den Herausford­erungen, vor denen Facebook steht – und einen Plan, wie die Firma das Vertrauen der Menschen zurückgewi­nnen möchte. Der Gedanke, der hinter Facebook und anderen sozialen Netzwerken steht, ist ja eigentlich ein guter und potentiell sehr wertvoller für die Gesellscha­ft: Menschen in Kontakt zu bringen, den Austausch von Ideen zu fördern – genau das schafft die Grundlage für Fortschrit­t und eine bessere Zukunft. Die Betreiber der Netzwerke müssen aber endlich Wege finden, Feindselig­keiten und Fehlinform­ationen von ihren Plattforme­n zu verbannen, damit das Positive überwiegt und wir zu einem zivilisier­ten, konstrukti­ven Diskurs zurückkehr­en können.

DANIEL FIENE FÜHRTE DAS INTERVIEW.

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FOTO: AP DLD-Gründerin Stephanie Czerny
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