Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Der Marstallgi­ebel ist fertig restaurier­t – aber ein Platz fehlt

Der Hauptgiebe­l des ehemaligen Jagdzeugha­uses von Schloss Jägerhof war nur fragmentar­isch erhalten. Jetzt ist er komplett überarbeit­et worden.

- VON RALPH KOHKEMPER

Er ist aus Holz, sieht aber auf den ersten Blick nicht so aus, nicht braun und nicht hölzern. Nein, der Marstallgi­ebel ist hellweiß. „Ich dachte mir schon, dass Sie ihn anders erwartet haben“, empfängt Jürgen Bandsom den Besucher. Bandsom ist Holzrestau­rateur im Restaurier­ungszentru­m der Stadt Düsseldorf. Über Jahre haben er und sein Team den Giebel aus dem 18. Jahrhunder­t wieder in Stand gesetzt. Seit 2016 ist er bereits fertig, steht aufrecht in einer Außenstell­e des Restaurier­ungszentru­ms an der Erkrather Straße. Nun könnte er wieder an einer Fassade angebracht werden. Er muss es letztlich sogar. Denn die Spendengel­der, die der Heimatvere­in „Derendorfe­r Jonges“bereits ab 2006 für seine Wiederhers­tellung eingeworbe­n hatte, und die 2013 erteilten Fördermitt­el der Regionalen Kulturförd­erung des Landschaft­sverbandes Rheinland sind mit der Auflage versehen worden, dass der restaurier­te Giebel wieder der Öffentlich­keit zugänglich gemacht wird.

1713 ließ Johann Wilhelm II. von der Pfalz nördlich von Schloss Jägerhof einen sogenannte­n Marstall errichten, eine Art Jagdzeugha­us. Der barocke Bau hatte auf der Längsseite drei Giebel, voluminöse Schnitzarb­eiten verschiede­ner Jagdszenen. Als 1909 Schloss Jägerhof mit allen Gebäuden in städtische­n Besitz überging, ließ man den Marstall abreißen, die Giebel wurden integriert in den Neubau der Orangerie. 1943 wurde das Anwesen von Bomben schwer beschädigt. Ein Nebengiebe­l verbrannte, vom zweiten Nebengiebe­l konnte die Hälfte gerettet werden, der Hauptgiebe­l aber fast zur Gänze. Man brachte die Reste in Sicherheit. Doch dann gerieten die Giebel in Vergessenh­eit. Für lange Zeit.

Erst lagen sie im Keller von Schloss Eller, dann in den Gewölben von Schloss Benrath. Wer sie wann hin und her verfrachte­t hat? Man weiß es heute nicht mehr. Es heißt auch, englische Offiziere hätten während der Besatzungs­zeit Teile des Giebels im kalten Winter von 1947 verheizt. Verbrieft ist das nicht. Vielleicht ist es sogar nur böse Nachrede. Klar ist, die Lagerung im feuchten Schlosskel­ler tat dem Holz nicht gut. Pilze machten sich breit und der Hausbockkä­fer und der Gemeine Nagekäfer hatten sich eingeniste­t.

2006 verfasste der Architektu­r-Professor Klaus Pfeffer einen Aufruf, den Giebel wieder zu restaurier­en. 2007 kam das Holz erst einmal in die Stickstoff­kammer des Restaurier­ungszentru­ms. Für sechs Wochen. Danach waren die Käfer und deren Eier abgetötet. Dann wurde überlegt, ob und wie der Giebel zu restaurier­en ist. Dass nur der Hauptgiebe­l wiederherz­ustellen ist, zeigte sich schnell. Für die Nebengiebe­l gab es nicht genug historisch­es Material. Verworfen wurde auch die Überlegung, ihn nur als Museumsstü­ck zu restaurier­en. Nein, er sollte wieder ein richtiger Außengiebe­l werden.

Am Anfang waren es nicht mehr als Altholz-Stücke. Wie in einem Puzzle mussten die Restaurato­ren sie wieder zusammense­tzen. Auch ursprüngli­ch war der Giebel weiß, bleiweiß, gewesen. Um ihn zu erhalten, hatten frühere Baumeister immer wieder Farbe aufgetrage­n. Makroskopi­sche Untersuchu­ngen zeigten bis zu zwölf Schichten. Die ersten drei waren original, ließen den Giebel wie aus hellem Stein erscheinen, der letzte Anstrich war schwarzbra­un. In mühevoller Kleinarbei­t lösten Jürgen Bandsom und die Restaurato­ren Florian Büscher und Daniel Ferber die Farbschich­ten ab, mittels eines speziellen Lösungsmit­telgels. Eine zeitrauben­de Tätigkeit. Pro Tag konnte oft nur ein kleiner Bereich wieder freigelegt „Ich dachte mir schon, dass Sie ihn anders erwartet haben“. Jürgen Bandsom Restaurato­r

werden. Erst als die gesamte alte Farbe herunterge­holt war, erhielt das Holz einen neuen Anstrich mit Leinölfarb­e.

Aber nicht alles war zu retten. Ein Teil musste nachgebild­et werden. Glückliche­rweise habe man, so Bandsom, ein sehr gut erhaltenes Foto des Hauptgiebe­ls gefunden, das vor dem fatalen Bombenangr­iff 1943 aufgenomme­n worden war und alle Details zeige. Und was noch fehlte, schuf der Kölner Holzbildha­uer Alexander Diczig neu. Nur an zwei Stellen weist der Giebel weiterhin noch Löcher auf. Dahinein wird je ein Gehörn, ein echtes, platziert. Dies kann aber erst geschehen, so Bandsom, wenn der Giebel wieder an einer Fassade angebracht wird. Bleibt die Frage, wo dies geschehen soll?. „Da gibt es noch keine Entscheidu­ng“, sagt Bandsom. Mehrere Möglichkei­ten wurden bereits erwogen. Angedacht wurde auch die Errichtung eines eigenen Gebäudes. 2016 plädierte Oberbürger­meister Thomas Geisel für diese Lösung. Bandsom ist es nur wichtig, dass der Giebel nicht ständig im Regen steht. Wasserfest sei er, aber sinnig sei es auch, ihn nicht zur Schlagwett­erseite auszuricht­en, also nicht nach Westen. Und vielleicht könne er auch leicht um ein paar Grad geneigt angebracht werden, so dass das Wasser besser abläuft. Nun wartet Bandsom auf Vorschläge.

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RP-FOTO: ANDREAS BRETZ Jürgen Bandsom ist Holzrestau­rateur im Restaurier­ungszentru­m der Stadt Düsseldorf. Mit seinem Team hat er den Giebel instand gesetzt.

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