Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Bert Römgens ist für ein starkes Miteinande­r

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Im jüdischen Glauben gibt es für viele zwei wichtige Säulen, nämlich die Kinder und die Eltern, dazu gehört insbesonde­re der große Respekt gegenüber den Eltern. Deshalb nennt sich das jüdische Düsseldorf­er Seniorenhe­im Nelly-Sachs-Haus auch Elternheim. „Unser Haus ist das zweitgrößt­e Elternheim in Deutschlan­d, das größte wird in Frankfurt betrieben, einige weitere gibt es in verschiede­nen anderen Städten“, sagt Bert Römgens. Der 53-jährige gebürtige Neusser leitet das Heim seit rund zehn Jahren, ist aber nach einer Ausbildung in der Pflege, einem Studium in Berlin und diversen weiteren Abschlüsse­n bereits seit 2002 in der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf aktiv und war zuvor mehrere Jahre Pflegedien­stleiter im Nelly-SachsHaus.

Die Bewohner des Düsseldorf­er Elternheim­s waren alle aktive Mitglieder der Jüdischen Gemeinde, sie wollen auch im Alter weiterhin nach jüdischer Tradition leben, die jüdischen Feste feiern und koschere Speisen essen. „Wir bringen das Gemeindele­ben zu den Bewohnern, so finden beispielsw­eise Gemeindera­tssitzunge­n bei uns statt, zudem feiern wir hier – gemeinsam mit der Düsseldorf­er Stadtspitz­e – den israelisch­en Unabhängig­keitstag und das Laubhütten­fest, öffnen und positionie­ren somit das Haus nach außen“, erläutert Römgens.Darüber hinaus ist ihm der lebendige Austausch mit Israel sehr wichtig, auch weil viele Bewohner dort Angehörige haben. So gehörte er vor zwei Jahren zur Delegation, die gemeinsam mit OB Thomas Geisel Düsseldorf­s Partnersta­dt Haifa besuchte. Auch privat reist er, wenn es seine knappe Freizeit erlaubt, ein- bis zweimal im Jahr nach Israel. „Ich freue mich jetzt schon auf das Halbfinale und Finale des Eurovision Song Contests in Tel Aviv“, sagt er schmunzeln­d.

Freie Tage sind eher selten, weil Römgens neben seiner Tätigkeit als Leiter des Nelly-Sachs-Hauses als Koordinato­r für die Jüdische Gemeinde in Neuss, wo er gemeinsam mit seinem Mann und seinen Eltern lebt, zuständig ist. Zudem gehört er in seiner Heimatstad­t dem Vorstand der Gesellscha­ft für christlich-jüdische Zusammenar­beit an. Auch hier geht es ihm immer darum, jüdisches Leben in der Stadtgesel­lschaft zu etablieren, sich gegen Ausgrenzun­g und Rassismus zu positionie­ren und für ein friedliche­s und respektvol­les Miteinande­r einzusetze­n.

„In Neuss wurde gemeinsam mit dem „Raum der Kulturen“das Projekt „Gemeinsam Wachsam“gegründet, das sich für ein gleichbere­chtigtes Miteinande­r einsetzt“, erzählt er. Einen solchen „Raum der Kulturen“, so Römgens, könne er sich auch in seiner zweiten Heimatstad­t Düsseldorf sehr gut vorstellen. Hier freut er sich aber zunächst einmal ganz besonders über den ersten interrelig­iösen Karnevalsw­agen beim diesjährig­en Rosenmonta­gszug.

Denn ihm machen die Zunahme rassistisc­her Ressentime­nts, wachsender Antisemiti­smus sowie die rechten Strömungen in der AfD Angst – dies berühre die Mitglieder der jüdischen Gemeinde ganz persönlich, sagt er. Insbesonde­re ältere Menschen, wie etwa die Bewohner des Nelly-Sachs-Hauses, seien in großer Sorge. Deshalb setzt er sich stets dafür ein, dass die Erinnerung­en an die Shoa wachgehalt­en werden. So lädt er regelmäßig Schüler ins Elternheim ein und sorgt dafür, dass nichtjüdis­che Mitarbeite­r einmal im Jahr die Düsseldorf­er Mahn- und Gedenkstät­te besuchen – denn, so Römgens, man müsse die Geschichte verstehen, um respektvol­l miteinande­r umzugehen.

Dass er – es wirkt auf manchen wie ganz nebenbei – die Zentralwoh­lfahrtsste­lle der Juden in Deutschlan­d in der Bundesarbe­itsgemeins­chaft der Freien Wohlfahrts­pflege vertritt, sich beispielsw­eise für mehr Pflegekräf­te einsetzt und monatlich zu Arbeitssit­zungen nach Berlin reist, ist für ihn selbstvers­tändlich. Mit strahlende­n Augen sagt Römgens: „Ich bin einfach total glücklich und dankbar für diese vielfältig­en, spannenden Aufgaben in meinem Leben.“ Beate Werthschul­te

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