Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
CSU lobt schärfere Flüchtlingspolitik der CDU
Der Koalitionspartner SPD reagiert skeptisch und fordert den Vollzug bestehender Gesetze.
BERLIN (qua) Die SPD sieht durch die neuen Forderungen der Union in der Flüchtlingspolitik keine Auswirkungen auf das Regierungshandeln. „Ich habe keine praxistauglichen Vorschläge gesehen“, sagte SPD-Vize-Chef Ralf Stegner. Für die konkrete Politik der großen Koalition hätten die Forderungen wenig Bedeutung. „Der Innenminister der Union sollte sich lieber darum kümmern, dass Kriminelle wirklich abgeschoben werden, statt gut integrierte junge Menschen aus der Ausbildung oder vom Arbeitsplatz abzuschieben“, sagte Stegner unserer Redaktion. Es gehe darum, sich um den Vollzug der bestehenden Gesetze zu kümmern, anstatt sich um Verschärfungen Gedanken zu machen.
Führende Unionspolitiker, Wissenschaftler, Richter, Polizisten und andere hatten unter der Regie von CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer „Werkstattgespräche“zur Flüchtlingspolitik abgehalten. An dessen Ende bezeichnete die CDU-Chefin eine Grenzschließung und Zurückweisungen als Ultima Ratio. In einem vierseitigen Papier, auf das sich Politiker und Fachleute einigten, finden sich Forderungen, die den Kurs verschärfen: Mehr Abschiebegründe, entschlackte Asylverfahren, Sanktionsmöglichkeiten von Asylbewerbern und Abschiebehaft. Das Papier soll im März auch von den Parteigremien der CDU beraten werden.
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt, der in der Migrationspolitik stets einer der schärfsten Kritiker von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) war, lobte den Schwenk der Schwesterpartei. „Kramp-Karrenbauer versucht die Wunden, die man objektiv zwischen uns geschlagen hat, zu heilen“, sagte er. Dobrindt sprach von einem „gesunden Prozess der Aufarbeitung“. Bezogen auf Kramp-Karrenbauers Äußerungen zu einer Grenzschließung als Ultima Ratio sagte Dobrindt: „Das geht über die Diskussion hinaus, die wir im letzten Jahr geführt haben.“Im Sommer hatten CDU und CSU darüber gestritten, ob an der Grenze nicht-asylberechtigte Flüchtlinge zurückgewiesen werden können. Von einer Grenzschließung war nicht die Rede. Dobrindt verwies auch auf Parallelen zwischen dem im Sommer hoch umstrittenen sogenannten Masterplan zur Migrationspolitik von Innenminister Horst Seehofer (CSU) und den Ergebnissen des Werkstattgesprächs.
Der Unionsstreit war insbesondere mit der tief gehenden, teils persönlichen Auseinandersetzung zwischen Kanzlerin Merkel und Innenminister Seehofer verbunden. Zu den Werkstattgesprächen der Union kam kein Protagonist der Auseinandersetzungen des Sommers des vergangenen Jahres und der zentralen Entscheidungen vom September 2015, als Merkel die Grenzen für Flüchtlinge, die über Ungarn und Österreich kamen, offen ließ. Weder Seehofer noch Merkel waren anwesend, auch der frühere Innenminister Thomas de Maizière (CDU) kam nicht.