Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Stern-Tagung: Datenschutz kann Forschung behindern
Das Abschlusspodium der Düsseldorfer Tagung über „die Galerie Stern im Kontext des Rheinischen Kunsthandels während des Nationalsozialismus“(unsere Zeitung berichtete) machte noch einmal deutlich, wie vielschichtig die Themen Raubkunst und Restitution sind und bleiben werden. Stephanie Tasch von der Kulturstiftung der Länder hatte vier Experten eingeladen, ihre Standpunkte vorzustellen. Den Anfang machte die in Berlin lebende Kunsthistorikerin Christina Feilchenfeldt.
Sie ist eine Enkelin des Kunsthändlers Walter Feilchenfeldt (18941953), der bis zu seiner Emigration in die Niederlande und später weiter nach Zürich die renommierte Berliner Kunst- und Verlagsbuchhandlung „Paul Cassirer“leitete. Von den Glanzjahren der Galerie zeugt das in Zürich befindliche Paul-Cassirer-Archiv, mit dessen Aufarbeitung Christina Feilchenfeldt seit langem beschäftigt ist. Täglich bekommt sie Anfragen zur Provenienz bestimmter Kunstwerke. Sie zu beantworten oder die Anliegen negativ zu bescheiden, das ist eine ständige Abwägung von Diskretion, garantierter Vertraulichkeit und angemessener Transparenz, so die Expertin.
Allzu viel erzwungener Vertrauensschutz kann die Provenienzforschung aber auch wie ein Mühlstein behindern, stellte der Kölner Kunstprofessor Günther Herzog fest. Etwas gequält verwies der Leiter des Zentralarchivs für Kunstmarktforschung dabei auf die neue Europäische Datenschutzverordnung, die es in dieser Radikalität außerhalb des Kontinents nicht gibt. Herzogs Fazit: „Wir wissen mehr, als wir sagen dürfen.“
Eine ganz andere Problematik sprach Lynn Rother an, die seit mehr als zehn Jahren am New Yorker Museum of Modern Art Provenienzforschung betreibt. Die großen, mit viel Geld ausgestatteten Einrichtungen wie das kalifornische Getty Institute schützen ihre Erkenntnisse mit einer Software, die für Außenstehende nicht zugänglich ist, erzählt sie. Dabei ist nach ihrer Erkenntnis die Frage des Eigentums von Kunstwerken schon kompliziert genug. „Metabesitz“nennt Rother die Situation, wenn verschiedene Kunsthändler damals gemeinsam ein teures Bild kauften, das einer von ihnen stellvertretend vermarktete.
Überhaupt: der Kunstmarkt. Lange Zeit ein Thema, auf das die Kunstwissenschaft hochnäsig herabgeschaut habe, wie Ulli Seeger, Professorin für Kunstvermittlung an der Heinrich-Heine-Universität, zu Bedenken gab. Inzwischen aber sehen sie und ihre Kollegen eine wichtige Aufgabe darin, ihren Studierenden die Mechanismen des Kunstbetriebs zu vermitteln, sagte sie. „Kunstmanagement ist das Thema der Zeit.“