Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch
Krefeld ist Zukunfts-Standort für Outokumpu
Der Standort Krefeld bietet „enorme Möglichkeiten zur Weiterentwicklung“, erklärt Johann Steiner, Konzern-Personalchef und Vorstand bei Outokumpu. Schon dieses Jahr stehen maßgebliche Änderungen an, um den Stahlkonzern für die Zukunft aufzustellen. Dazu zählen unter anderem als erster Schritt die Verlagerung des Vertriebs und später der gesamten Hauptverwaltung aufs Werkgelände sowie der Start des Projekts Chorus zur Softwarevereinheitlichung über Ländergrenzen hinweg.
Der Markt für Edelstahl verfügt grundsätzlich über Wachstumspotenzial. Gleichwohl müsse Outokumpu „jeden Tag auf seine Wettbewerbsfähigkeit“schauen, sagt Vize-Präsident und Konzern-Personalchef Johann Steiner im Exklusivgespräch mit unserer Redaktion. Die Branche stehe in einem harten und bei den Massenprodukten in einem teils ruinösen Wettbewerb mit den chinesischen und indonesischen Anbietern. Spezialisierung biete im Besonderen die Chance, Geld zu verdienen. Der Standort Krefeld spiele in diese Zusammenhang eine wichtige Rolle. Er biete „enorme Möglichkeiten zur Weiterentwicklung“, erklärt Steiner. Als der größte von drei deutschen Produktionsstandorten neben Dahlerbrück und Dillenburg nehme er eine sehr wichtige Rolle ein.
„Krefeld hat, da mögen die Menschen hier durchaus schmunzeln, als einziger unserer Standorte neben dem Firmensitz in Helsinki so etwas wie Metropolcharakter“, erklärt Steiner und weist auf die schwedischen und finnischen Lagen des Stahlkonzerns nahe des Polarkreises hin. Ferner liege Krefeld im Zentrum der Märkte. Es falle hier als Nachbar von Düsseldorf bedeutend leichter, Talente zu finden und zu binden als anderswo, erklärt Steiner. Auf Talente ist der Konzern, der im vergangenen Jahr vor Steuern und Abgaben bereinigt rund 500 Millionen Euro Gewinn erwirtschaftete (2017: 663 Millionen Euro) angewiesen. In Krefeld wird der Vertrieb der Outokumpu-Produkte für ganz Europa gebündelt und neu strukturiert.
Teil der Veränderungen ist der Umzug der Mitarbeiter von den angemieteten Büroräumen in der Hauptverwaltung an der Kimplerstraße auf das Werksgelände an der Oberschlesienstraße. Das Gebäude werde bereits jetzt leergezogen, obwohl der Vertrag mit dem Eigentümer noch rund 20 Jahre laufe. „Wir finden dort nicht die Bürokultur, die wir gerne hätten“, sagt Steiner. Offenheit und Transparenz sollen den Arbeitsalltag bestimmen. „In Helsinki hat selbst der Vorstand kein eigenes Büro mehr“, erklärt er die Vorzüge von Großraumeinheiten und denkt an eine neue Generation von Mitarbeitern. „Jüngere Leute arbeiten anders, in anderen Strukturen, und wir wollen das unterstützen“, betont Steiner. Homeoffice bei flexibler Arbeitszeitgestaltung sei ein Aspekt zukünftiger Praxis.
Noch in diesem Jahr sollen im früheren Ringfederngebäude – das jetzt als Kompetenz Cube firmiert – Büros entstehen. Dort seien bereits Forschung und Entwicklung, Materialprüfung und Ausbildung untergebracht. Die Lösung könnte nur temporär sein. Der ganz große Wurf schlummert derzeit noch in den Schubladen. Der Neubau eines Hauptverwaltungszentrums auf dem Werksgelände nahe der so genannte Waschkaue an der Anrather Straße. „Die Pläne existieren und sind auch grob durchgerechnet“, sagt der Konzern-Vorstand. Die Frage, ob, wann und wie ein solcher Neubau realisiert werde, sei aber noch nicht entschieden.
Klarheit bestehe hingegen darüber, mit der Vereinheitlichung der Software über alle Ländergrenzen hinweg in eine neue digitale Ära vorstoßen zu wollen. In den nächsten Monaten werde das Projekt Chorus in Deutschland freigeschaltet, um eine Harmonisierung der Daten zu erzielen. „Wir installieren ein einheitliches SAP-System im gesamten Konzern“, erklärt Steiner. Dieser Schritt sei gleichsam Voraussetzung für das Vorhaben „Next Generation Sales“. Schließlich habe Outokumpu ehrgeizige Ziele. Bis 2020 will der Konzern die beste Wertschöpfung in der Stahlindustrie erzielen. Best Value Creator heißt das plakativ in der offiziellen Konzernsprache.
Zufriedenheit sei ein weiteres Thema, das in einem hohen Maß angestrebt werde. Regelmäßig Rückfragen bei Kunden, Mitarbeitern und Investoren gäben Aufschluss. Bei den Investoren sei es der Aktienkurs, der Rückschlüsse erlaube. Kundschaft und Belegschaft würden befragt. Die Rücklaufquote sei mit 86 Prozent außerordentlich. „Wir möchten 75 Prozent Zufriedenheit erreichen. derzeit sind wir im hohen 60er Prozent-Bereich“, sagt Steiner. Der Standort Dillenburg sei unter den deutschen top, Krefeld liege noch ein Stück zurück.
Die atmosphärischen Spannungen innerhalb der Belegeschaft sind auch in der Konzernzentrale nicht verborgen geblieben. Mitarbeiter hatten vor dem Arbeitsgericht sowohl die Wahl des Betriebsrates als auch die der Aufsichtsräte für die Nirosta GmbH und die Stainless GmbH angefochten. Andere Mitarbeiter klagten gegen erfolgte Abmahnungen im Zusammenhang mit der Betriebsratswahl. In allen Fällen warfen die Verfahren ein schlechtes Licht auf das herrschende Betriebsklima (wir berichteten).
Die Gerüchteküche brodelte. Steiner hat die Themen auf der Agenda. Er bestätige, dass es in Krefeld am Standortmanagement hapere. Das Werk verfüge über zahlreiche ungenutzte Flächen, stillgelegte Altanlagen und habe außerdem einen Teil an die Deutschen Edelstahlwerke verpachtet. Es stehe an, die Verhältnisse „sauber zu strukturieren und die Standortverwaltung zusammenzuziehen“. An eine Ausgliederung des Werkschutzes sei dabei nicht gedacht.
Seit dem Kauf der Thyssen Krupp Stainless AG (Inoxum) durch Outokumpu sei enorm viel passiert. In den Jahren der Restrukturierung von 2013 bis 2015 seien die Geschäfte „extrem schlecht“gelaufen. Der Konzern habe rund 4000 Stellen abgebaut. Seit 2016 befinde sich Outokumpu in „stabilem Fahrwasser“. Das sei bemerkenswert vor dem Hintergrund, dass „über Europa ein Tsunami an Material aus Fernost“geschwappt sei. „Wir produzieren, was wir verkaufen“, erklärt Steiner. Dabei gebe es profitable und weniger profitable Produkte. Diese Unterscheidung macht offenbar auch die Probleme des Konzern in den USA aus. Das dortige Werk steuere derzeit „rote Zahlen“bei und feile noch an den „Güten und am richtigen Produktmix“, berichtet Steiner. Aktuell sei das Werk „zu sehr im Massenmarkt“aktiv. Immerhin betrage der Marktanteil von Outokumpu in den USA 23 bis 24 Prozent. In Europa seien die Finnen Marktführer mit 30 bis 31 Prozent und in Deutschland sogar mit 50 Prozent. „Ziel ist es, die deutschen Standorte zu sichern und auszulasten“, sagt der Vorstand.
Outokumpu stehe dabei gut da. So gut, dass der Konzern 100.000 Euro für Image-Werbung bereitstellt. „Wir wollen Projekte fördern, Trikots sponsern oder ein Hospiz unterstützen“, nennt Steiner Beispiele. „Wir sind heute wieder in einer anderen (besseren) Position, die Phantomschmerzen aus dem schwierigen Zusammenschluss mit Inoxum sind überwunden“, sagt Steiner.