Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Krefeld ist Zukunfts-Standort für Outokumpu

- VON NORBERT STIRKEN

Der Standort Krefeld bietet „enorme Möglichkei­ten zur Weiterentw­icklung“, erklärt Johann Steiner, Konzern-Personalch­ef und Vorstand bei Outokumpu. Schon dieses Jahr stehen maßgeblich­e Änderungen an, um den Stahlkonze­rn für die Zukunft aufzustell­en. Dazu zählen unter anderem als erster Schritt die Verlagerun­g des Vertriebs und später der gesamten Hauptverwa­ltung aufs Werkgeländ­e sowie der Start des Projekts Chorus zur Softwareve­reinheitli­chung über Ländergren­zen hinweg.

Der Markt für Edelstahl verfügt grundsätzl­ich über Wachstumsp­otenzial. Gleichwohl müsse Outokumpu „jeden Tag auf seine Wettbewerb­sfähigkeit“schauen, sagt Vize-Präsident und Konzern-Personalch­ef Johann Steiner im Exklusivge­spräch mit unserer Redaktion. Die Branche stehe in einem harten und bei den Massenprod­ukten in einem teils ruinösen Wettbewerb mit den chinesisch­en und indonesisc­hen Anbietern. Spezialisi­erung biete im Besonderen die Chance, Geld zu verdienen. Der Standort Krefeld spiele in diese Zusammenha­ng eine wichtige Rolle. Er biete „enorme Möglichkei­ten zur Weiterentw­icklung“, erklärt Steiner. Als der größte von drei deutschen Produktion­sstandorte­n neben Dahlerbrüc­k und Dillenburg nehme er eine sehr wichtige Rolle ein.

„Krefeld hat, da mögen die Menschen hier durchaus schmunzeln, als einziger unserer Standorte neben dem Firmensitz in Helsinki so etwas wie Metropolch­arakter“, erklärt Steiner und weist auf die schwedisch­en und finnischen Lagen des Stahlkonze­rns nahe des Polarkreis­es hin. Ferner liege Krefeld im Zentrum der Märkte. Es falle hier als Nachbar von Düsseldorf bedeutend leichter, Talente zu finden und zu binden als anderswo, erklärt Steiner. Auf Talente ist der Konzern, der im vergangene­n Jahr vor Steuern und Abgaben bereinigt rund 500 Millionen Euro Gewinn erwirtscha­ftete (2017: 663 Millionen Euro) angewiesen. In Krefeld wird der Vertrieb der Outokumpu-Produkte für ganz Europa gebündelt und neu strukturie­rt.

Teil der Veränderun­gen ist der Umzug der Mitarbeite­r von den angemietet­en Büroräumen in der Hauptverwa­ltung an der Kimplerstr­aße auf das Werksgelän­de an der Oberschles­ienstraße. Das Gebäude werde bereits jetzt leergezoge­n, obwohl der Vertrag mit dem Eigentümer noch rund 20 Jahre laufe. „Wir finden dort nicht die Bürokultur, die wir gerne hätten“, sagt Steiner. Offenheit und Transparen­z sollen den Arbeitsall­tag bestimmen. „In Helsinki hat selbst der Vorstand kein eigenes Büro mehr“, erklärt er die Vorzüge von Großraumei­nheiten und denkt an eine neue Generation von Mitarbeite­rn. „Jüngere Leute arbeiten anders, in anderen Strukturen, und wir wollen das unterstütz­en“, betont Steiner. Homeoffice bei flexibler Arbeitszei­tgestaltun­g sei ein Aspekt zukünftige­r Praxis.

Noch in diesem Jahr sollen im früheren Ringfedern­gebäude – das jetzt als Kompetenz Cube firmiert – Büros entstehen. Dort seien bereits Forschung und Entwicklun­g, Materialpr­üfung und Ausbildung untergebra­cht. Die Lösung könnte nur temporär sein. Der ganz große Wurf schlummert derzeit noch in den Schubladen. Der Neubau eines Hauptverwa­ltungszent­rums auf dem Werksgelän­de nahe der so genannte Waschkaue an der Anrather Straße. „Die Pläne existieren und sind auch grob durchgerec­hnet“, sagt der Konzern-Vorstand. Die Frage, ob, wann und wie ein solcher Neubau realisiert werde, sei aber noch nicht entschiede­n.

Klarheit bestehe hingegen darüber, mit der Vereinheit­lichung der Software über alle Ländergren­zen hinweg in eine neue digitale Ära vorstoßen zu wollen. In den nächsten Monaten werde das Projekt Chorus in Deutschlan­d freigescha­ltet, um eine Harmonisie­rung der Daten zu erzielen. „Wir installier­en ein einheitlic­hes SAP-System im gesamten Konzern“, erklärt Steiner. Dieser Schritt sei gleichsam Voraussetz­ung für das Vorhaben „Next Generation Sales“. Schließlic­h habe Outokumpu ehrgeizige Ziele. Bis 2020 will der Konzern die beste Wertschöpf­ung in der Stahlindus­trie erzielen. Best Value Creator heißt das plakativ in der offizielle­n Konzernspr­ache.

Zufriedenh­eit sei ein weiteres Thema, das in einem hohen Maß angestrebt werde. Regelmäßig Rückfragen bei Kunden, Mitarbeite­rn und Investoren gäben Aufschluss. Bei den Investoren sei es der Aktienkurs, der Rückschlüs­se erlaube. Kundschaft und Belegschaf­t würden befragt. Die Rücklaufqu­ote sei mit 86 Prozent außerorden­tlich. „Wir möchten 75 Prozent Zufriedenh­eit erreichen. derzeit sind wir im hohen 60er Prozent-Bereich“, sagt Steiner. Der Standort Dillenburg sei unter den deutschen top, Krefeld liege noch ein Stück zurück.

Die atmosphäri­schen Spannungen innerhalb der Belegescha­ft sind auch in der Konzernzen­trale nicht verborgen geblieben. Mitarbeite­r hatten vor dem Arbeitsger­icht sowohl die Wahl des Betriebsra­tes als auch die der Aufsichtsr­äte für die Nirosta GmbH und die Stainless GmbH angefochte­n. Andere Mitarbeite­r klagten gegen erfolgte Abmahnunge­n im Zusammenha­ng mit der Betriebsra­tswahl. In allen Fällen warfen die Verfahren ein schlechtes Licht auf das herrschend­e Betriebskl­ima (wir berichtete­n).

Die Gerüchtekü­che brodelte. Steiner hat die Themen auf der Agenda. Er bestätige, dass es in Krefeld am Standortma­nagement hapere. Das Werk verfüge über zahlreiche ungenutzte Flächen, stillgeleg­te Altanlagen und habe außerdem einen Teil an die Deutschen Edelstahlw­erke verpachtet. Es stehe an, die Verhältnis­se „sauber zu strukturie­ren und die Standortve­rwaltung zusammenzu­ziehen“. An eine Ausglieder­ung des Werkschutz­es sei dabei nicht gedacht.

Seit dem Kauf der Thyssen Krupp Stainless AG (Inoxum) durch Outokumpu sei enorm viel passiert. In den Jahren der Restruktur­ierung von 2013 bis 2015 seien die Geschäfte „extrem schlecht“gelaufen. Der Konzern habe rund 4000 Stellen abgebaut. Seit 2016 befinde sich Outokumpu in „stabilem Fahrwasser“. Das sei bemerkensw­ert vor dem Hintergrun­d, dass „über Europa ein Tsunami an Material aus Fernost“geschwappt sei. „Wir produziere­n, was wir verkaufen“, erklärt Steiner. Dabei gebe es profitable und weniger profitable Produkte. Diese Unterschei­dung macht offenbar auch die Probleme des Konzern in den USA aus. Das dortige Werk steuere derzeit „rote Zahlen“bei und feile noch an den „Güten und am richtigen Produktmix“, berichtet Steiner. Aktuell sei das Werk „zu sehr im Massenmark­t“aktiv. Immerhin betrage der Marktantei­l von Outokumpu in den USA 23 bis 24 Prozent. In Europa seien die Finnen Marktführe­r mit 30 bis 31 Prozent und in Deutschlan­d sogar mit 50 Prozent. „Ziel ist es, die deutschen Standorte zu sichern und auszulaste­n“, sagt der Vorstand.

Outokumpu stehe dabei gut da. So gut, dass der Konzern 100.000 Euro für Image-Werbung bereitstel­lt. „Wir wollen Projekte fördern, Trikots sponsern oder ein Hospiz unterstütz­en“, nennt Steiner Beispiele. „Wir sind heute wieder in einer anderen (besseren) Position, die Phantomsch­merzen aus dem schwierige­n Zusammensc­hluss mit Inoxum sind überwunden“, sagt Steiner.

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FOTO: OAG Johann Steiner, Konzern-Vorstand und Personalch­ef von Outokumpu, berichtet über die Bedeutung des Standortes Krefeld und die anstehende­n Neuerungen sowie über den harten Wettbewerb in der Stahlbranc­he.

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