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Gehirnwäsche für Schwule: „Der verlorene Sohn“
HAMBURG (dpa) In einigen Gegenden der USA ist die sogenannte Reparativtherapie bis heute weit verbreitet. Mit ihren Methoden versprechen selbsternannte Heiler Homosexuellen die Hoffnung darauf, ihre Neigungen in den Griff zu bekommen. In den meisten Fällen wollen aber gar nicht die Betroffenen selbst von einer „Last befreit zu werden, sondern die Eltern“.
Genau solche Eltern, denen die Homosexualität ihres Sohnes ein Graus ist, waren auch die des Teenagers Garrard Conley, der über seine Erfahrungen ein Buch schrieb. In „Boy Erased“schildert er seine wenigen Tage in einer therapeutischen Einrichtung für Schwule und Lesben. Joel Edgerton, dessen Regiedebüt „The Gift“bereits begeisterte, hat daraus jetzt einen Film gemacht.
Jared Eamons (Lucas Hedges) ist in der Obhut seiner Eltern Nancy (Nicole Kidman) und Marshall (Russell Crowe) aufgewachsen. Doch je älter er wird, desto mehr fühlt er sich zu Männern hingezogen – und das ist für seine Familie ein Problem. Denn als Baptistenprediger ist es für Marshall unmöglich, die Neigungen seines Sohnes zu akzeptieren. Über den Kopf seiner etwas verständnisvolleren Ehefrau hinweg verdonnert er den Jungen zu einer religiösen Reparativtherapie. Dort soll Jared seine Gelüste als krankhafte Schwäche ansehen und bekämpfen. Doch er beginnt zu rebellieren.
Der erste Eindruck ist trügerisch: Ganz so schlimm wie anhand der Inhaltsbeschreibung befürchtet, werden die zwei Stunden dann doch nicht. Tatsächlich verzichtet der auch für das Drehbuch verantwortliche Regisseur Joel Edgerton bewusst auf allzu extreme Darstellungen. Sein Protagonist hat ja ohnehin nur wenige Tage in einer Einrichtung verbracht, in der es andere oftmals mehrere Monate oder sogar Jahre aushalten müssen. Kurzum: Das direkt greifbare Leid fühlt sich aus der Sicht des jederzeit rational denkenden Jared nicht so schlimm an wie aus der eines vollkommen hilflosen Opfers.
Eine Vergewaltigungsszene geht an die Nieren, spielt allerdings nur eine marginale Rolle. Es ist der einzige Moment, in dem Edgerton mit Drastik aufrüttelt. Er wirkt fast deplatziert in diesem sich auf seine reale Vorlage besinnenden Film.
„Der verlorene Sohn“, USA/Australien 2018, von Joel Edgerton, mit Lucas Hedges, Russell Crowe, Nicole Kidman, 115 Minuten