Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Alte Brotfabrik Im-Brahm vor dem Verkauf

- VON NORBERT STIRKEN

Offiziell will sich die Wohnstätte AG als Eigentümer­in zum Verkauf des Immobilien-Komplexes der ehemaligen Im-Brahm-Brotfabrik an der Ritterstra­ße derzeit nicht äußern. Zuerst soll offenbar mit den Mietern des Objekts gesprochen werden. Wohnstätte-Vorstand Thomas Siegert erklärte am Mittwoch auf Anfrage unserer Redaktion: „Wir werden alles unternehme­n, damit sie abgesicher­t sind.“

Der Immobilien-Komplex der ehemaligen Brotfabrik Im Brahm an der Ritterstra­ße ist seit rund 20 Jahren im Eigentum der mehrheitli­ch städtische­n Wohnstätte AG. Nun steht das denkmalges­chützte Objekt, in dem vor allem Künstler und Kreative eine Heimat gefunden haben, offenbar vor dem Verkauf. Vorstand Thomas Siegert wollte dazu gestern auf Anfrage unserer Redaktion offiziell keine Stellung nehmen. Auch in der Sitzung des Kulturauss­chusses blieb eine entspreche­nde Anfrage der Ratsfrau Julia Suermondt (Die Linke) unbeantwor­tet. Sie hatte Hinweise erhalten, dass die historisch­en Gemäuer auf einem Immobilien­portal im Internet zum Kauf angeboten worden seien. Nach Informatio­nen unserer Redaktion hat der Aufsichtsr­at der Wohnstätte der Veräußerun­g zugestimmt. Es soll mehrere Interessen­ten gegeben haben. Anlass bildet wohl ein Gutachten, dass ein Verkauf sich für die Eigentümer­in wirtschaft­licher darstellt, als den Sanierungs­stau zu beheben und den Mietzins weiter einzunehme­n.

Aus der Luft gegriffen sind die Befürchtun­gen der Mieter also nicht. Siegert betonte auf Anfrage, dass „er alles unternehme­n wird, um die Mieter abzusicher­n“. Sollten in dem Personenkr­eis Fragen auftauchen, werde er sie beantworte­n. Den Umweg etwa über die Öffentlich­keit halte er für ungeeignet. Er rechne damit, dass er in rund sechs Wochen zu dem Thema Stellung nehmen könne. Die Mieter befürchten, dass der Erwerber höhere Einnahmen für die Ateliers und Räume zu erzielen versuchen wird.

Bei dem historisch­en Gemäuer handelt es sich nicht nur um ein Zentrum von Künstlern und Kreativen, sondern auch um einen exemplaris­chen Ort der Stadtgesch­ichte und der Arbeiterbe­wegung. Heute ist es Heimstatt etwa für das „Theater hintenlink­s“. Vor mehr als 100 Jahren fusioniert­en in Krefeld die Konsumgese­llschaften „Solidaritä­t“und „Fortschrit­t“und errichtete­n das noch heute sichtbare Gebäude. Architekte­n für die moderne Großbäcker­ei mit zehn Backöfen waren Karl Buschhüter und Rudolf Adrian.

Der Betrieb lief bis zur Zeit des Ersten Weltkriegs, danach übernahm die belgische Besatzung die

Immobilie. Später übernahm die Genossensc­haft wieder den Besitz, allerdings nur für eine kurze Zeit. 1933 verboten die Nationalso­zialisten die Organisati­onen der Arbeiterbe­wegung und beschlagna­hmten das Vermögen als staatsfein­dlich. Das recherchie­rte Ingrid Schupetta, seinerzeit Leiterin der NS-Dokumentat­ionsstätte in der Villa Merländer in Bockum. Die Genossensc­haft wurde enteignet. 1934 wurde die moderne Backstraße von dem Duisburger Im Brahm

gekauft. Ob die Genossensc­haft wegen Verfolgung und Enteignung nach dem Krieg entschädig­t worden sei, lasse sich bislang nicht feststelle­n, sei aber unwahrsche­inlich, erklärte Schupetta.1983 stellte Im Brahm den Betrieb ein. Gegen Pläne, die Immobilie abzureißen, gab es großen Widerstand. Mit Erfolg. Die Stadt nahm das Gebäude sogar in die Denkmallis­te auf. 1999 wurde der Komplex von der Wohnstätte grundsanie­rt. Jetzt will sie sich offenbar von der Immobilie trennen.

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RP-FOTOS: THOMAS LAMMERTZ Die alte Brotfabrik Im Brahm soll verkauft werden. Schilderma­ler Richard Hütter schuf die erste Version des bekannten Im-Brahm-Jungen, der an der Fassade zu sehen ist.
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Zwei nackte Männer (die Genossensc­haften) reichen sich vor einer engelsglei­chen Figur zur Fusion die Hände.

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