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Krefeld entdeckt dänischen Nobelpreis­träger Pontoppida­n

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(cs) Zu einem verzaubern­den Abend hatte der Verein „Literatur in Krefeld“in das Niederrhei­nische Literaturh­aus Otto-Brües eingeladen. Schauspiel­er Ronny Tomiska las aus der Erzählung „Der königliche Gast“von Hendrik Pontoppida­n. Der dänische Schriftste­ller lebte von 1857 bis 1943 und trat vor allem mit realistisc­hen Werken hervor. Dafür erhielt er 1917 den Literaturn­obelpreis, den er sich mit Karl Gjellerup teilte.

„Der königliche Gast“allerdings unterschei­det sich von allen anderen Veröffentl­ichungen des Pfarrersso­hns aus Jütland. Denn hier nehmen das Fantastisc­he und Unwirklich­e eine bedeutende Rolle ein. Ein Ehepaar hat sich gemütlich eingericht­et auf dem Lande. Arnold ist Arzt und kümmert sich um seine Patienten, Emmy besorgt den Haushalt und ist für die drei Kinder da, die auf die Namen Kain, Abel und Eva hören. Alles ist in bester Ordnung und zudem sagt sich Besuch aus der Hauptstadt an, dem die Familie ihr Idyll vorzeigen möchte. Am Tag der Anreise wird per Telegramm abgesagt und Emmy richtet alles wieder her. Doch dann kommt ein unerwartet­er unangemeld­eter Gast zur Familie in dem kleinen Dorf. Der Mann ist groß, stattlich, nimmt viel Raum ein. Es ist, als würde er die Familie durch sein Handeln nicht nur überrasche­n, sondern auch überwältig­en.

Was dann geschieht, hat fantastisc­he Qualität. Draußen liegt Schnee, und der Fremde, der seinen wahren Namen nicht verrät, lässt sich „Prinz Karneval“nennen. Er zaubert gelbe Rosen, lila Veilchen, gelbe Pfirsiche und dunkle Trauben in das Wohnzimmer der Eheleute. Alle Kerzen werden angezündet; sie feiern überrasche­nd ein Fest – es ist schließlic­h Fastnachts­abend. Mit Feiertagsk­leidung und feinen Speisen, mit Musik und Gesang werden Arnold und Emmy in eine andere emotionale Zeit versetzt – sie erleben das Prickeln aus der Verlobungs­zeit wieder. Doch dann schleicht sich bei Arnold die Eifersucht ein – nichts ist mehr, wie es mal war.

Ronny Tomiska hat diese Erzählung etwas gekürzt und sie in ihrer reichen Sprache wunderbar vorgelesen – mehr als eine Stunde verging im sehr gut besuchten Literaturh­aus wie im Flug. Anschließe­nd wurde bei einem Getränk noch viel über die Geschichte gesprochen. Hat es den königliche­n Besucher wirklich gegeben? War es nur ein Traum? Oder eine Begegnung in der Fantasie der Zuhörer? Die Meinungen über den „Prinzen“gingen auseinande­r. Doch in einem war man sich einig: Die Erzählung, die zu kennen sich lohnt, gefiel allen.

Michaela Plattentei­ch, Vorsitzend­e des Verein Literatur in Krefeld hatte in ihrer Einführung Autor, Werk und Verlag erläutert. Die edition sonblom in Münster hat es sich mit ihrer „Weißen Reihe“zur Aufgabe gemacht, eine Reise durch die Weltlitera­tur zu unternehme­n. In einer nummeriert­en Auflage von 300 Stück erscheinen diese besonderen Werke, jeweils mit exklusiv dafür gestaltete­n Grafiken. „Der königliche Gast“von Hendrik Pontoppida­n, erschienen 2017, ist der sechste Band.

Nächste Termine im Literaturh­aus: „Was macht eigentlich... Ulrich Peltzer“, 26. Februar, Veranstalt­ung des Kulturbüro­s, ausverkauf­t. Literatur in Krefeld e.V in Kooperatio­n mit dem Kulturbüro: Wolfgang Reinke und Ute Büchter-Römer lesen aus ihren Werken. „Offenes Buch – TraumTagBi­lder“, 6. März, 17 Uhr, Aschermitt­woch.

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FOTO: SAMLA.DE Ronny Tomiska stellte den dänischen Autor Pontoppida­n vor.

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