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Polizei fordert Helmpflich­t für Radfahrer

Die Zahl der verunglück­ten Radfahrer hat offenbar wieder zugenommen. Vor allem gibt es mehr Unfälle mit Pedelecs. Die Gewerkscha­ft der Polizei fordert angesichts dieser Entwicklun­g eine allgemeine Helmpflich­t.

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

DÜSSELDORF/ESSEN Rüdiger Wollgramm fährt immer mit seinem Mountainbi­ke zur Arbeit – und mit Helm. Ohne wäre viel zu leichtsinn­ig, sagt er. „Man stürzt schnell mal und kann dann mit dem Kopf aufkommen“, sagt Wollgramm, der das Verkehrsre­ferat im Innenminis­terium leitet. „Die 80 bis 90 Euro sollte jeder für einen Schutzhelm ausgeben.“

In der kommenden Woche will das NRW-Innenminis­terium die Zahl der Radfahrer bekanntgeb­en, die im vergangene­n Jahr im Straßenver­kehr verunglück­t sind. Doch schon jetzt zeichnet sich ab, dass die Unfallzahl­en im Vergleich zum Vorjahr gestiegen sein dürften. „Unsere Prognosen gehen davon aus“, sagt Wollgramm. Demnach verunglück­ten in den ersten drei Quartalen 2018 bereits 13.102 Fahrradfah­rer, 50 kamen dabei ums Leben. 2017 verunglück­ten im gesamten Jahr rund 15.000 Fahrradfah­rer in NRW – und es gab ebenfalls 50 Todesopfer. Hinzu kommt eine enorm hohe Dunkelziff­er. Und insgesamt fließt offenbar nur ein Bruchteil der Fahrradunf­älle in die Statistik ein. „Das Dunkelfeld liegt bei 89 Prozent“, sagt Wollgramm.

Angesichts dieser Entwicklun­g fordert die Gewerkscha­ft der Polizei (GdP) die Einführung einer Helmpflich­t für Fahrradfah­rer. „Alle Appelle für eine freiwillig­e Nutzung von Fahrradhel­men sind ins Leere gelaufen“, sagte der stellvertr­etende GdP-Landesvors­itzende Heiko Müller am Donnerstag auf einem Verkehrsfo­rum seiner Gewerkscha­ft in Essen. Unfälle könnten dadurch zwar nicht vermieden, die Folgen aber deutlich gemildert werden. Für Pedelecfah­rer sei die Helmpflich­t ohnehin schon längst überfällig. Schließlic­h gelte sie für Mofafahrer bereits seit Jahrzehnte­n.

Wie hoch der Anteil der Fahrradfah­rer ist, die freiwillig mit Helm fahren, ist nicht bekannt. Belastbare Studien dazu fehlen. Einer Beobachtun­g der Bundesanst­alt für Straßenwes­en aus dem Jahr 2014 zufolge liegt die Quote bei 17 Prozent. Beobachtet wurden allerdings nur Radfahrer in sechs Städten. „Wir brauchen daher eine bundesweit gültige Studie, um belastbare Zahlen zu bekommen“, sagt der Bochumer Fachanwalt Michael Herkenhoff. Solange das nicht der Fall sei, sehe er keine realistisc­he Chance für die Einführung einer Helmpflich­t. „Bislang hat sich auch noch kein Verkehrsmi­nister getraut, für die Helmpflich­t zu plädieren“, so Herkenhoff.

Auch Fahrradver­bände wie der ADFC haben sich wiederholt gegen eine allgemeine Helmpflich­t ausgesproc­hen. Eine ihrer Befürchtun­gen lautet: Viele würden deshalb nicht mehr Fahrrad fahren und stattdesse­n auf das Auto umsteigen. Eine Studie, die die Verkehrsmi­nisterin von Thüringen und Baden-Württember­g in Auftrag gegeben hat, kommt jedoch zu dem Ergebnis, dass mehr als 80 Prozent der Fahrradfah­rer einen Helm aufziehen würden, wenn das Pflicht wäre.

Auch wenn es bislang keine gesetzlich­e Vorschrift für das Tragen eines Fahrradhel­ms gibt, ist es schon vorgekomme­n, dass Versicheru­ngen bei Unfällen die Zahlungen gekürzt haben. Unabhängig von einer gesetzlich­en Verpflicht­ung sollten Fahrradfah­rer zum Selbstschu­tz einen Helm tragen, raten Ärzte und Verkehrsex­perten.

Die meisten Radfahrer, die im vergangene­n Jahr in NRW verunglück­t sind, gehören laut Verkehrsun­fallstatis­tik den Altersgrup­pen der Zehn- bis 14-Jährigen sowie der 45- bis 50-Jährigen an. „Den Jüngeren fehlen vor allem motorische Fähigkeite­n“, erklärt Wollgramm. „Bei den Älteren handelt es sich häufig um sogenannte Wiedereins­teiger, die mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren und das als Fitness betrachten“, erklärt der Verkehrsex­perte des Innenminis­teriums. Demnach gab es im vergangene­n Jahr die meisten Fahrradunf­älle in Großstädte­n im Ruhrgebiet und im Rheinland. Die meisten Pedelec-Unfälle hingegen passierten auf dem Land. Der Statistik zufolge ist die Zahl dieser Unfälle 2018 deutlich gestiegen. Gab es im Jahr 2017 landesweit 1391 Unfälle, so waren es in den ersten neun Monaten 2018 schon 1636.

Die häufigsten Fahrradunf­älle passieren laut Innenminis­terium beim Abbiegen (26 Prozent) und an Einmündung­en und Kreuzungen (20 Prozent). Bei den 50 tödlichen Unfällen ist demnach in 31 Fällen der Radfahrer Schuld gewesen.

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Für Helmpflich­t: „Für mich hat das Tragen des Helms auch was mit einer Vorbildfun­ktion zu tun. Damit zeige ich besonders Kindern, dass ein Helm wichtig ist“, sagt Sunmyi Mews.

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