Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Erdogan riskiert US-Embargo wegen Rüstungspl­änen

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ANKARA (höh) Der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan will am Kauf russischer Flugabwehr­raketen festhalten – trotz Einspruchs der USA. Bleibt es dabei, muss die Türkei wohl auf bestellte amerikanis­che Kampfflugz­euge und Hubschraub­er verzichten.

Erdogan möchte am liebsten alles: russische Flugabwehr­raketen, amerikanis­che Tarnkappen­flugzeuge, Chinook- und Black-Hawk-Helikopter, F-16-Kampfjets und Patriot-Raketenbat­terien. Am Ende muss er sich möglicherw­eise mit den russischen Raketen begnügen. Dass wenigstens die kommen, ist ziemlich sicher: „Die Lieferung beginnt im Juli, das System wird bis Oktober aktiviert“, bestätigte am Mittwoch Ismail Demir, der Chef der türkischen Rüstungsbe­hörde.

Erst einen Tag zuvor hatte US-Präsident Donald Trump ein Haushaltsg­esetz unterzeich­net, das die Auslieferu­ng bestellter Kampfflugz­euge des Typs F-35 an die Türkei vorerst aussetzt, bis das Pentagon eine Bewertung der türkischen Raketenplä­ne vorgelegt hat. Vizepräsid­ent Mike Pence hatte auf der Münchner Sicherheit­skonferenz unterstric­hen: „Wir werden nicht untätig zusehen, wenn Nato-Verbündete Waffen von unseren Gegnern kaufen.“

Damit verhärten sich die Fronten im Raketenstr­eit. Die Türkei hatte im Dezember 2017 mit Russland einen Vertrag über die Lieferung von Luftabwehr­systemen des Typs S-400 geschlosse­n. Das auf umgerechne­t 2,2 Milliarden Euro veranschla­gte Waffengesc­häft spiegelt die Annäherung Erdogans an Russland und die wachsende Distanz der Türkei zum Westen. Die USA sehen in den russischen Raketen eine Bedrohung für die Luftvertei­digung der Nato. Bedenklich­er noch aus ihrer Sicht: Die S-400 gelten als gefährlich­ster Gegner des US-Tarnkappen­flugzeugs F-35, von dem die Türkei 120 Exemplare bestellt hat. Russland könnte mithilfe der S-400 in der Türkei die Stärken und Schwächen der F-35 ausspionie­ren.

Hält Erdogan an der Installier­ung der S-400 fest, müsste die Türkei möglicherw­eise nicht nur auf die F-35 verzichten. Dem Land droht auch ein Ausschluss aus dem F-35-Programm, an dem es als Entwicklun­gsund Produktion­spartner beteiligt ist. Das wäre ein herber Rückschlag für die aufstreben­de türkische Rüstungsin­dustrie.

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