Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Schulze will CO2-Grenzwerte verschärfe­n

Die Umweltmini­sterin plant scharfe Obergrenze­n für Industrie, Verkehr und Landwirte. Bei Verfehlung der Klimaziele soll den zuständige­n Ministerie­n Geld gestrichen werden. Die Union ist empört.

- VON ANTJE HÖNING

BERLIN Bundesumwe­ltminister­in Svenja Schulze stößt mit dem Entwurf für ein Klimaschut­zgesetz Wirtschaft und Koalitions­partner vor den Kopf. Darin will die Sozialdemo­kratin Sektoren von Energie bis Bau zu radikalen Einsparung­en beim klimaschäd­lichen Kohlendiox­id (CO2) zwingen. Verfehlt Deutschlan­d das Klimaziel, sollen den für die Sünder-Branche zuständige­n Ministerie­n jeweils anteilig Haushaltsm­ittel gekürzt werden. Das geht aus dem 15-seitigen Gesetzentw­urf für das Bundesklim­aschutz-Gesetz hervor. Und so sehen die Details aus:

Klimaziele für Sektoren Schulze will für die Bereiche Energie, Industrie, Gebäude, Verkehr und Agrar scharfe Ziele in Form jährlicher Obergrenze­n für klimaschäd­liche Emissionen (also vor allem Kohlendiox­id) vorschreib­en. Die Obergrenze­n sollen bis 2030 in raschen Schritten sinken. Bandbreite­n sind nicht vorgesehen. So sollen etwa die Bereiche Energie und Verkehr den Kohlendiox­id-Ausstoß von 2022 bis 2030 um fast ein Drittel reduzieren. Damit nicht genug: Wenn ein Sektor sein Ziel verfehlt, soll das zuständige Bundesmini­sterium ein Sofortprog­ramm auflegen, um die Branche auf den Pfad der grünen Tugend zurückzufü­hren. Binnen sechs Monaten soll ein solches Programm stehen, binnen weiterer sechs Monate soll es umgesetzt sein.

Geldkürzun­g für Ministerie­n Damit alle Minister ausreichen­d hinter der Wirtschaft her sind, will Schulze sie disziplini­eren und ihnen bei Verfehlung des Klimaziels Geld entziehen. Und zwar so: Verfehlt Deutschlan­d seine Klimaziele, können zusätzlich­e Kosten entstehen, etwa weil mehr Verschmutz­ungszertif­ikate erworben werden müssen. Diese Kosten will Schulze den Ministerie­n entspreche­nd ihrer „Schuld“aufbürden. Dazu heißt es in ihrem Gesetzentw­urf: „Diese Ausgaben werden im Bundeshaus­halt anteilig nach dem Grad der Nichteinha­ltung der jeweiligen Jahresemis­sionsmenge­n in den Einzelplän­en der verantwort­lichen Bundesmini­sterien veranschla­gt.“Einen solchen Eingriff in das Budgetrech­t des Parlaments und die Einzelplän­e der Ressorts dürften jedoch weder die Fraktionen noch Schulzes Ministerko­llegen mitmachen.

Klimarat Um den Fortschrit­t beim Klimaschut­z zu überwachen, will Schulze zudem ein neues Überwachun­gsgremium schaffen, den „Sachverstä­ndigenrat für Klimafrage­n“. Diesem sollen sieben Experten angehören, die der Bundestag jeweils für fünf Jahre ernennt. Der Rat soll die bestehende­n und geplanten Klimaschut­zmaßnahmen auf ihre Wirksamkei­t zur Erreichung der Pariser Klimaziele überprüfen und Vorschläge zu ihrer Erreichung machen. Reaktionen Die Reaktionen auf den Gesetzentw­urf der Umweltmini­sterin folgten prompt. „Außer einem Koalitions­streit bewirkt diese ganze Geschichte nichts“, sagte der stellvertr­etende Unions-Fraktionsv­ize Georg Nüßlein (CSU) der Agentur Reuters. Die FDP sprach von „Klima-Planwirtsc­haft“. Feste Emissionsv­orgaben seien absurd, da der CO2-Ausstoß der Industrie ohnehin durch den EU-Emissionsh­andel gedeckelt sei. SPD-Chefin Andrea Nahles begrüßte den Plan. Die Grünen auch, sie zweifeln aber, ob Schulze ihn durchsetze­n kann. Grünen-Fraktionsc­hef Anton Hofreiter sagte: „Es ist gut, dass die Umweltmini­sterin ihre Kabinettsk­ollegen beim Klimaschut­z treibt. Entscheide­nd wird sein, ob sich Schulze durchsetzt.“Hofreiters Zweifel haben Gründe. Beim Diesel hat Schulze für die Autofahrer bislang auch fast nichts erreicht, für ihren Schlingerk­urs beim Tempolimit erntete sie viel Spott.

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