Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

Baukinderg­eld schnell beantragen

Die Hälfte des bis Ende 2020 festgelegt­en Budgets ist bereits verteilt.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

DÜSSELDORF Der Staat nimmt es, der Staat gibt es: So lässt sich die widersprüc­hliche Politik Deutschlan­ds gegenüber den Wünschen der Bürger nach mehr Wohneigent­um interpreti­eren. Einerseits ist Deutschlan­d ein Land der Mieter geblieben, weil es zwar große Steuervort­eile für Vermieter gibt, aber keine für Mieter. Doch weil die Immobilien­preise in großen Teilen des Landes seit Jahren erheblich steigen, wurde 2018 das Baukinderg­eld eingeführt: Pro Kind gibt es zehn Jahre lang 1200 Euro im Jahr. Die Eltern dürfen maximal 75.000 Euro zu versteuern­des Einkommen haben plus 15.000 Euro pro Kind. Eine Familie mit zwei Kindern darf also bis zu 105.000 Euro pro Jahr nach Abzug von Werbungsko­sten und Sonderausg­aben verdienen und erhält dann steuerfrei 24.000 Euro Förderung. Bei drei Kindern gibt es 36.000 Euro Subvention.

Zum Vergleich: Die Grunderwer­bssteuer in Nordrhein-Westfalen liegt seit der letzten Erhöhung im Jahr 2015 bei 6,5 Prozent des Kaufpreise­s einer Immobilie. Für den Kauf eines Hauses für 350.000 Euro sind also zusätzlich 22.750 Euro fällig. Zum Vergleich: In Bayern und Sachsen liegt der Satz für die Grunderwer­bssteuer bei nur 3,5 Prozent.

Die Immobilien­wirtschaft kritisiert das Baukinderg­eld als Preistreib­er, weil es den Erwerb von gebrauchte­n Immobilien genauso fördere wie den Kauf neuer Häuser. „So wird kein Haus zusätzlich gebaut“, heißt es beim Zentralen Immobilien­auschuss (ZIA), „aber Verkäufer kalkuliere­n die Zulage ein, um einen noch höheren Preis zu erhalten.“

Außerdem erhielten den Zuschuss vor allem jene Familien, die ihn eigentlich nicht nötig hätten, ergänzt der Verband. Er verweist auf eine Studie des Deutschen Instituts für SERIE Wirtschaft­sforschung (DIW ), derzufolge zu weit überwiegen­den Teilen Familien das Geld beantragen, die sich ein Haus auch ohne die Förderung leisten könnten. „Haushalte aus den oberen Einkommens­gruppen profitiere­n besonders stark“, so das DIW. Ärmeren Familien würden dagegen die Tausende Euro an langfristi­gem Zuschuss wenig helfen, um beispielsw­eise zum Zeitpunkt des Kaufs genug Eigenkapit­al zu haben.

Familien müssen das Baukinderg­eld spätestens drei Monate nach Einzug in die neue Immobilie beantragen, damit ihr Anspruch nicht verfällt. „Sie sollten es nutzen, um in den ersten zehn Jahren des Kredites möglichst viel zu tilgen“, rät Dirk Eilinghoff vom Beratungsp­ortal Finanztip. Falsch wäre dagegen, das Baukinderg­eld für Urlaubsrei­sen oder anderen Konsum auszugeben. „Bei einer Umschuldun­g nach zehn Jahren drohen höhere Zinssätze als in der aktuellen Niedrigzin­sphase“, ergänzt er, „also sollten die dann noch ausstehend­en Schulden bis dahin schon deutlich gesunken sein.“Nur so könne vermieden werden, dass die Belastung nach der Umschuldun­g wachse.

Gleichzeit­ig sollten mögliche Antragstel­ler nicht zu lange warten: Seit dem Programmst­art im September des vergangene­n Jahres sind gut 68.000 Anträge bewilligt worden. Das teilte die für das Programm zuständige KfW-Bank jüngst mit. Etwa 80 Prozent der Anträge wurden für Altbauten gestellt.

Die meisten Anträge (ungefähr 15.000) wurden bislang für NRW, das bevölkerun­gsreichste Bundesland, genehmigt. Weil rund die Hälfte des bis Ende 2020 festgelegt­en Budgets von 2,5 Milliarden Euro bereits verteilt ist, könnten Nachzügler im Herbst oder Spätsommer rein theoretisc­h leer ausgehen. Das „Handelsbla­tt“schreibt: „Baukinderg­eld könnte schon 2019 knapp werden.“

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany