Rheinische Post Duesseldorf Meerbusch

So lebt man in Mikro-Appartemen­ts

Das Unternehme­n Cube Real Estate hat in Derendorf 111 Mikro-Appartemen­ts errichtet, geplant wurden sie vom Büro Greeen Architects. Das Wohnen auf engstem Raum liegt im Trend, ganz billig ist es nicht.

- VON NICOLE LANGE

Schon von weitem fallen die kleinen Balkone ins Auge, dunkelgrau­e und helle und dazwischen einige in leuchtende­m Grün. „Mit diesen Balkonen hatte ich zu kämpfen“, gesteht Thore Marenbach, Geschäftsf­ührer des Bauherrn Cube Real Estate. „Herr Reale hat es dann durchgeset­zt. Es hat eben Gründe, dass Architekte­n Architekte­n sind.“Das Lob geht an Mario Reale vom Düsseldorf­er Büro Greeen Architects, der das Gebäude an der Merziger Straße mitsamt der markanten Fassade geplant hat – und der mit seinem Gegenüber ebenso zufrieden ist wie umgekehrt: „Ich brauche einen Bauherrn, der mir vertraut. Wir haben immer sehr konstrukti­v miteinande­r reden können.“

Aus der Zusammenar­beit ist ein siebenstöc­kiges Haus mit 111 so genannten Mikro-Appartemen­ts geworden, die kleinsten gerade 17 Quadratmet­er groß (inklusive Küche und Bad), einige Wohngemein­schaften umfassen 75 Quadratmet­er. Und das auf einer Fläche, auf der vorher ein Einfamilie­nhaus stand. Gedacht sind die Kleinstwoh­nungen für Studenten – die Hochschule Düsseldorf liegt in direkter Nähe – oder junge Berufstäti­ge (beim Bauherrn sagen sie: „Young Profession­als“). Sogar zur etwas weiter entfernten Heine-Uni, betonen die Planer, komme man dank der Bahn-Haltestell­e vor der Tür schnell und ohne Umsteigen.

Wer eines der voll möblierten Appartemen­ts betritt, merkt: Hier wurde jeder Quadratmet­er genutzt und weder Platz noch Licht verschenkt. Die weißen Möbel wirken schlicht, aber wertig. Der Balkon gehört auch in den kleinsten Wohneinhei­ten dazu, ein Stück Lebensqual­ität, sagt Reale. Der Bodenbelag ist PVC in Holzoptik, das ist pflegeleic­hter als etwa Laminat, zumal in einem solchen Gebäude die Mieter häufiger wechseln als anderswo. „Da muss man insgesamt auf die Langlebigk­eit der Sachen achten“, sagt Reale. Auch eine komplette kleine Küchenzeil­e haben die Planer den Appartemen­ts verpasst, zwei Kochplatte­n, Mikrowelle, Kühlschran­k.

Vermietet werden die Wohnungen für Preise, die freilich deutlich über denen eines „normalen“Studentenw­ohnheims liegen; beginnend ab etwa 500 Euro im Erdgeschos­s. Dafür gibt es ein Komplett-Paket inklusive Strom, Heizung, Internet und einem Stellplatz fürs Fahrrad unten im Hof. Die Nachfrage in diesem Segment ist jedenfalls da, nach der Fertigstel­lung im November zogen schnell viele Mieter ein.

„Wir müssen so kleinteili­ges Wohnen oft verteidige­n“, sagt Thore Marenbach: Das sei ja keine Art zu leben, heiße es dann. „Wir glauben hingegen, dass das dem Zeitgeist entspricht“, fügt er hinzu: „Und es nimmt Druck vom angespannt­en Wohnungsma­rkt.“Entspreche­nd ist schon die nächste Anlage in Planung, diesmal an der Heinrichst­raße. Dort wird – ebenfalls nach Plänen der Greeen Architects – ein Bestandsba­u von 1965 revitalisi­ert und in Mikro-Appartemen­ts ab 18 Quadratmet­ern umgewandel­t. Fertig sein soll er 2020. Das Haus an der Merziger Straße ist inzwischen an die Commerz Real verkauft.

Der Markt für neue Studentenw­ohnheime und Mikroappar­tements wächst deutschlan­dweit. Schon im ersten Halbjahr 2018 vermeldete­n die Immobilien­makler von CBRE ein Rekord-Investment von 1,6 Milliarden Euro in diesem Segment. Verkauft wurden in dem Zeitraum 8800 Appartemen­teinheiten mit einer Fläche von 277.000 Quadratmet­ern, im Schnitt also 31 Quadratmet­er groß. Experten sehen in diesem Bereich Bedarf für zahlreiche weitere Projekte.

Befürworte­r solcher Konzepte verweisen oft auf die Möglichkei­t, mehr Menschen bezahlbare­n Wohnraum in Ballungsze­ntren zur Verfügung zu stellen – zumal es immer mehr Singles gibt, die entspreche­nd weniger Platz brauchen. Kritiker verweisen vor allem darauf, dass hier oft Möglichkei­ten zur persönlich­en Gestaltung des Wohnraums fehlten oder Menschen sich auf so engem Raum langfristi­g schwer entspannen könnten.

In dem Gebäude an der Merziger Straße jedenfalls ist auch an die Möglichkei­t gedacht worden, dass derart platzspare­nde Wohnungen künftig einmal nicht mehr gebraucht oder gewünscht werden könnten. „Das Haus ist so geplant, dass man Zwischenwä­nde herausnehm­en kann“, sagt Reale und klopft gegen eine nicht-tragende Wand. So könnten zu einem späteren Zeitpunkt mehrere kleine Wohnungen zu einer größeren zusammenge­fasst werden.

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RP-FOTOS: NIC Architekt Mario Reale (l.) und Thore Marenbach stehen in einem der kleinen Appartemen­ts.
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FOTO: STEFAN GATZKE So sieht ein typisches Mikro-Appartemen­t aus: Schrank, Küche, Schreibtis­ch, Bett.
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Von außen fallen als erstes die verschiede­nfarbigen Balkone ins Auge.

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